Als ich im Wartezimmer meiner Frauenärztin saß und auf das Ergebnis des gerade in der Praxis durchgeführten Schwangerschaftstests wartete, hielt ich das für einen schlechten Scherz. Noch wenige Minuten zuvor hatte ich mir Gedanken gemacht, dass ich Kinder nicht so cool finde und dass sich das vielleicht auch nie ändern wird. Welch Ironie des Schicksals, kurz darauf zu erfahren, dass man tatsächlich ungeplant schwanger ist.
Nicht vorgesorgt
Meine erste Reaktion im Behandlungszimmer war dann: „Verdammt! Ich habe keine Folsäure eingenommen!“ Es wird vermutet, dass von allen in Deutschland vorkommenden Neuralrohrdefekten (zum Beispiel Spina Bifida = Offener Rücken) 50 Prozent durch eine rechtzeitige und ausreichende Folsäure-Einnahme verhindert werden könnten. Da der Verschluss des Neuralrohres schon zwischen dem 21. und 28. Tag der Schwangerschaft erfolgt, ist der Beginn einer Folsäure-Supplementierung nach Bekanntwerden der Schwangerschaft zu spät. Warum Folat eine schützende Wirkung vor Neuralrohrdefekten hat, ist bislang nicht geklärt.
Schwangerschaft: Folsäure oder Folat – Was und wie viel?
Folat ist ein wasserlösliches Vitamin aus der B-Vitamin-Gruppe, welches im Körper in mehreren Schritten in eine aktive Form umgewandelt wird. Natürliches, in Lebensmitteln vorkommendes Folat hat eine Bioverfügbarkeit von etwa 50 Prozent. Die synthetisch hergestellte Folsäure hingegen hat eine Bioverfügbarkeit von etwa 90 Prozent, ist hitzestabil und damit der natürlichen Form deutlich überlegen
Die von den deutschsprachigen Fachgesellschaften für Ernährung (DACH) empfohlene Menge an Folat beziehungsweise Folsäure beträgt 300 μg für Personen ab 15 Jahren. Schwangeren wird eine Menge von 550 μg Folat empfohlen. Mit einer täglichen Einnahme von 400 μg synthetischer Folsäure ab vier Wochen vor Eintritt der Schwangerschaft wird Neuralrohrdefekten effektiv vorgebeugt. Die Einnahme sollte während des ersten Trimenons fortgeführt werden.
Aktuellen Studien zufolge ist jede zweite Frau nicht in der Lage, Folsäure optimal in eine biologische Wirkform umzuwandeln. Daher sind besonders Präparate zu empfehlen, bei denen die Folsäure bereits in einer hohen Oxidationsstufe vorliegt und daher nicht mehr vom Körper umgewandelt werden muss.
Achtung, Folsäure-Räuber!
Ein Folsäuremangel kann durch verschiedene Wirkstoffe ausgelöst werden. Dazu gehören insbesondere die Folsäureantagonisten Methotrexat und Trimethoprim. Auch die Antiepileptika Carbamazepin, Phenytoin, Primidon, Valproat und Barbiturate senken den Folsäurespiegel. Als weitere Wirkstoffe sind Sulfasalazin, Nitrofurantoin, Tetrazykline, Triamteren und Metformin zu nennen.
Auch die Pille ist als Folsäure-Räuber bekannt und kann zu einem Nährstoffmangel führen. Außerdem wird vermutet, dass zu viel UV-Licht (durch lange Sonnenbäder oder Solarienbesuche) zu einer Reduktion des Folsäurespiegels führt.
Glücklicherweise konnte ein Neuralrohrdefekt bei uns während der Vorsorgeuntersuchungen ausgeschlossen werden.
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