Kein Desloratadin zulasten der Kasse? Das Antihistaminikum ist in oralen Darreichungsformen zur symptomatischen Behandlung bei allergischer Rhinitis und Urtikaria rezeptfrei. Die geänderte Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) wurde am Freitag im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Für Chroniker heißt das: Desloratadin kann nicht mehr auf einem rosa Rezept verordnet werden. So sieht es zumindest der GKV-Spitzenverband.
Das ist die Änderung der AMVV
Der Punkt Desloratadin wurde in der AMVV wie folgt gefasst:
„ausgenommen Arzneimittel in der oralen Anwendung zur symptomatischen Behandlung bei allergischer Rhinitis und Urtikaria bei Erwachsenen, Jugendlichen und Kindern ab zwei Jahren, es sei denn, es handelt sich um von der Europäischen Kommission als verschreibungspflichtig zugelassene Arzneimittel .“
Eine EU-Zulassung haben Aerius (MSD Sharp & Dohme), Dasselta (TAD), Desloratadine Ratiopharm und Desloratadin Actavis (Puren). Diese Präparate behalten also den Status „verschreibungspflichtig“, denn der OTC-Switch findet nur auf nationaler Ebene statt.
Die Sache mit der Wirtschaftlichkeit
Als erste OTC-Präparate kommen Loranopro (Hexal) und Deslora-1A in die Sichtwahl. Die Verordnung der Rx-Varianten gilt ab sofort als unwirtschaftlich, sofern es sich um dieselben Indikationen handelt wie bei den OTC-Präparaten.
Wurde ein Arzneistoff aus der Verschreibungspflicht entlassen, darf dieser rein rechtlich nicht mehr zulasten der Kassen abgerechnet werden. In der Stellungnahme des GKV-Spitzenverbandes heißt es: „Innerhalb der jetzt mit dem OTC-Produkt behandelbaren Indikationen ist die Verordnung desselben Wirkstoffs als Rx-Präparat unwirtschaftlich.“
OTC-Desloratadin: Ausnahme Arzneimittelrichtlinie (AM-RL)
Die Anlage I der AM-RL listet die vom G-BA beschlossenen OTC-Ausnahmen, die unter bestimmten Voraussetzungen von der Kasse übernommen werden. Aufgeführt sind beispielsweise Antihistaminika „nur in Notfallsets zur Behandlung bei Bienen-, Wespen-, Hornissengift-Allergien, nur zur Behandlung schwerer, rezidivierender Urticarien, nur bei schwerwiegendem, anhaltendem Pruritus, zur Behandlung persistierender allergischer Rhinitis, mit schwerwiegender Symptomatik, bei der eine topische nasale Behandlung mit Glukokortikoiden nicht ausreichend ist“.
Somit können in den genannten Ausnahmefällen OTC-Varianten des Antiallergikums zulasten der Kasse veordnet werden.
Rx-Varianten sind unwirtschaftlich
Gemäß § 12 Abs. 11 Satz 2 AM-RL sollen Ärzte nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel zulasten des Versicherten verordnen, wenn sie zur Behandlung einer Erkrankung medizinisch notwendig, zweckmäßig und ausreichend sind. Wird ein verschreibungspflichtiges Arzneimittel verordnet, sei dies unwirtschaftlich, schrieb der Kassenverband schon im Dezember in einer Stellungnahme. „Dies gilt insbesondere, da in diesem Fall die Anwendungsgebiete der zentral zugelassenen Arzneimittel vollständig von jenen der national zugelassenen Produkte umfasst sind.“
Somit sind die zentral zugelassenen desloratadinhaltigen Arzneimittel aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr zulasten der Kasse verordnungsfähig.
OTC-Switch aus Sicht der Krankenkassen sinnvoll
Der GKV-Spitzenverband begrüßte in seiner Stellungnahme aus dem Dezember die Entlassung aus der Rezeptpflicht: „Grundsätzlich erscheint die Aufhebung der Verschreibungspflicht für desloratadinhaltige Arzneimittel zur Behandlung der allergischen Rhinitis und Urtikaria auch angemessen. Beide Indikationen sind bereits mit anderen Wirkstoffen der Selbstbehandlung eröffnet und es sind aus den vorliegenden Unterlagen keine besonderen Risiken in der Anwendung im Vergleich zur Anwendung anderer H1-Antihsitaminika erkennbar.“
Was passiert mit den als „verschreibungspflichtig“ deklarierten Präparaten?
Ob die im Markt befindlichen als verschreibungspflichtig deklarierten Packungen nun im Handverkauf rezeptfrei abgegeben werden dürfen, ist noch nicht endgültig geklärt. Als die Pille danach 2015 aus der Verschreibungspflicht entlassen wurde, erklärte das Bundesgesundheitsministerium (BMG) die Abgabe von Ware in alter Aufmachung ohne Rezept für rechtens. Eine Möglichkeit, die auch im Fall Desloratadin denkbar wäre. „Zur Frage, ob noch als Rx-gekennzeichnete Packungen ohne Rezept abverkauft werden können, können wir nur auf die Notfallkontrazeptiva verweisen, da haben sich die zuständigen Landesbehörden uneinheitlich positioniert und am Ende verging das Problem,“ so der GKV-Spitzenverband.
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