Muttermilch gilt als die beste Ernährung des Säuglings in den ersten sechs Lebensmonaten. Dies empfehlen auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und die Nationale Stillkommission. Wenn die Mutter allerdings chronisch krank und auf Dauermedikation in der Stillzeit angewiesen ist, darf diese keine negativen Auswirkungen auf die Muttermilch und damit auf den Säugling haben. Doch welche Arzneimittel sind tatsächlich zu vermeiden und bei welchen besteht kein Grund zur Sorge?
Das Stillen des neugeborenen Kindes birgt viele Vorteile. Nicht nur die Bindung von Mutter und Kind wächst, sondern auch das kindliche Immunsystem profitiert von den Antikörpern, die dem Säugling über die Muttermilch zugeführt werden. Zudem fördert es die Rückbildung der Gebärmutter und die physische und psychische Gesundheit der Mutter. Leidet die Mutter allerdings an einer chronischen Erkrankung, ist sie auch in der Stillzeit auf die Einnahme der Dauermedikation angewiesen. Dies betrifft unter anderem Patientinnen, die unter Epilepsie, Bluthochdruck, Diabetes mellitus oder psychischen Erkrankungen leiden.
Was bedingt die Wirkstoffkonzentration in der Milch und welche Besonderheiten sind beim Säugling zu beachten?
Eine hohe Plasmaproteinbindung der Wirkstoffe führt zu einem geringen Übergang in die Milch, da dies nur ungebundenen Wirkstoffen gelingt. Ebenso spielt die Plasmakonzentration des Arzneimittels im mütterlichen Blut eine Rolle, da bei hoher Plasmakonzentration auch mehr Wirkstoff in die Muttermilch gelangen kann. Die Molekülgröße des Wirkstoffs und seine Fettlöslichkeit sind ebenfalls Faktoren für die Anreicherung in der Milch, da kleine und lipophile Moleküle deutlich besser in die Milch übergehen als größere und hydrophile Moleküle.
Auch die von der Mutter eingenommene Dosis, die Applikationshäufigkeit und die Applikationsart sind relevant für die Anreicherung des Wirkstoffes in der Milch.
Zudem spielen die körperlichen Besonderheiten des Säuglings eine Rolle, da Medikamente anders verstoffwechselt werden. Die Nieren und die Leber arbeiten noch nicht so effektiv, was die Eliminationsdauer der Wirkstoffe im Körper des Säuglings verlängert. Ebenso ist die Blut-Hirn-Schranke noch nicht voll entwickelt und die Arzneistoffe gelangen leichter in das Zentrale Nervensystem (ZNS). Durch die geringere Plasmaproteinbindung kann die Wirkung des Arzneimittels bei Säuglingen überdies erhöht sein. Diese Gegebenheiten können die Gefahr der Wirkstoffkumulation im Körper des neugeborenen Kindes erhöhen.
Entwarnung für die meisten Wirkstoffe zur Dauermedikation in der Stillzeit
Trotz der Gefahr des Übertritts von Wirkstoff in die Muttermilch ist bei bestimmungsgemäßem Gebrauch des Arzneimittels durch die Mutter keine Gefährdung des Säuglings zu erwarten. Bei der Verschreibung beachtet der Arzt/die Ärztin nach Rücksprache mit der Mutter den Umstand der Stillzeit und passt gegebenenfalls die Dosis oder den Wirkstoff an, falls dies nötig ist. Ein Absetzen der Dauermedikation in der Stillzeit ist ohne ärztliche Rücksprache zu unterlassen, da gerade bei chronischen Erkrankungen eine therapietreue Einnahme der verordneten Arzneimittel essentiell ist. Es bietet sich an, dass die Beratung und eventuelle Umstellung der Medikation für die Stillzeit bereits in der Schwangerschaft mit der verordnenden Praxis thematisiert wird, um eine sichere Anwendung der Arzneimittel für Mutter und Kind zu gewährleisten.
Einige Arzneistoffe sind jedoch kritisch zu betrachten und sollten in der Stillzeit nicht angewendet werden. Eine Umstellung durch den Arzt/die Ärztin ist hier nötig. Dazu zählen unter anderem:
- Zytostatika
- Sulfonamide
- Risperidon
- Clozapin
- Lithium
- Atenolol
- Amiodaron
Das könnte dich auch interessieren
Mehr aus dieser Kategorie
SVA tagt: OTC-Switch für Sildenafil und Co.?
Am 21. Januar 2025 tagt der Sachverständigenausschuss für Verschreibungspflicht (SVA) zum ersten Mal im neuen Jahr. Auf der Agenda steht …
Baclofen: Beeinträchtigung der Gehirnfunktion
Für einige Baclofen-haltige Arzneimittel gibt es neue Warnhinweise. Die Fach- und Gebrauchsinformationen müssen entsprechend angepasst werden. Genau droht unter der …
Nicht wirksam: Keine Erkältungskombis mit Phenylephrin?
Leiden Kund:innen unter Erkältungsbeschwerden wie verstopfter Nase und Co., kommen unter anderem Erkältungskombis zum Einsatz. Dabei wird häufig auf Phenylephrin …