Erste klinische Prüfung genehmigt: Die Erprobung von Impfstoffkandidaten am Menschen ist ein wichtiger Meilenstein in der Covid-19-Prävention. Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) hat die erste klinische Prüfung eines Impfstoffs gegen Covid-19 in Deutschland genehmigt. Durchgeführt wird diese vom Arzneimittelentwickler BioNTech.
Der Impfstoffkandidat des Mainzer Biotechnologieunternehmens BioNTech ist ein sogenannter RNA-Impfstoff. Dieser enthält die genetische Information, die für den Bau des sogenannten Spikeproteins des CoV-2 oder Teilen davon in Form der Ribonukleinsäure (RNA) nötig ist. Basis der Vakzine ist ungefährliche Erbinformation von SARS-CoV-2.
Ziele seien die schnelle Entwicklung, klinische Testung und Zulassung eines verträglichen und wirksamen Impfstoffes. Zudem soll die Induktion einer lang andauernden Gedächtnis-Immunantwort, die vor SARS-CoV-2-Infektionen und Covid-19 schützt, erreicht werden. Die klinische Prüfung umfasst vier Impfstoffkandidaten, die in verschiedenen Impfschemata untersucht werden – Prime-Impfung sowie Prime- und Boost-Impfung. Das Forschungs- und Entwicklungskonzept startete im Januar und beinhaltete Synthese und Testung von etwa 20 mRNA-Impfstoffkandidaten, von denen sich vier als besonders wirksam zeigten.
Wie sieht der Impfstoff aus?
Die BNT162 Covid-19-Impfstoffentwickung umfasst drei verschiedene Technologien, wie Ugur Sahin von BioNTech erklärt.
- Uridine mRNA (uRNA) mit einer starken Adjuvanz Wirkung und einer Aktivität in geringen Dosen und einer starken Antikörperantwort.
- Nucleoside-modifizierte mRNA (modRNA) mit mäßiger Adjuvanz Wirkung und sehr starker Antikörperantwort.
- Self-amplifizierende mRNA (saRNA), die als einmalige Injektion verabreicht wird und eine lange Aktivität erreicht. Die Antikörperantwort ist sehr stark, ebenso die T-Zellantwort. Ein potenter Impfschutz könne schon in geringen Dosen erreicht werden – etwa 60x geringere Dosierung im Vergleich zu uRNA-präklinischen Modellen.
Getestet würden Dosen von 1 Mikrogramm bis 100 Mikrogramm. Die Phase I Studie umfasst etwa 200 gesunde Probanden im Alter zwischen 18 und 55 Jahren. Primäre Endpunkte der klinischen Prüfung sind Verträglichkeit und Sicherheit sowie Immunogenität.
Im Anschluss soll im zweiten Studienarm eine klinische Prüfung mit etwa 500 Patienten stattfinden. Hierbei soll es sich um Risikopatienten, älter als 55 Jahre handeln. Teil B werde erst auf Grundlage von Interimsberichten von Teil A vom PEI genehmigt. Die Studien der Phasen II und III sollen schließlich an Tausenden Probanden durchgeführt werden.
Die Impfstoffkandidaten verfolgen zwei Zielstrukturen. Zum einen die Rezeptor-Bindungs-Domäne (RBD) – diese ist für etwa 90 Prozent der Bindungen verantwortlich – und das gesamte Spike-Antigen Gesamtprotein.
Die Virus mRNA wird in Lipid-Nanopartikeln (LNP, wasserlöslich) verpackt.
Wie wirkt ein RNA-Impfstoff?
Wird ein RNA-Impfstoff mittels Injektion beispielsweise in den Muskel verabreicht, wird die RNA in die Körperzellen aufgenommen. Diese nutzen die genetische Information der RNA zum Bau des Erregerbestandteils – diese sind nicht infektiös und lösen auch keine Erkrankung aus. Das menschliche Immunsystem erkennt den fremden Erregerbestandteil und betrachtet die Zellen, die diesen Erregerbestandteil gebaut haben, als vermeintlich infizierte Zellen. Es wird eine schützende Immunantwort gegen den Erreger aufgebaut, die im Falle einer Exposition die Infektion oder zumindest die Infektionskrankheit verhindern oder ihren Verlauf abmildern kann.
Studien laufen weltweit
Weltweit gibt es derzeit insgesamt fünf genehmigte klinische Studien von präventiven, spezifischen Covid-19-Impfstoffkandidaten am Menschen. Das PEI geht nach derzeitigem Erkenntnisstand davon aus, dass weitere klinische Prüfungen von Covid-19-Impfstoffkandidaten in Deutschland in den nächsten Monaten beginnen werden. Für die Bekämpfung der Pandemie werden mehrere Impfstoffprodukte notwendig sein, um eine ausreichende Versorgung sicherzustellen.
Die ersten Ergebnisse der klinischen Prüfung, die Ende April starten soll, werden für Ende Juni erwartet. Dann sollen bereits erste Informationen von 50 bis 100 Probanden vorliegen, die Aussagen liefern, welche Impfdosis welches Impfstoffkandidaten nötig ist.
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