Als unspezifisch und vielfältig beschreibt das Robert Koch-Institut den Krankheitsverlauf von Covid-19. Eine Infektion kann symptomlos verlaufen, aber auch von schweren Pneumonien oder Atemnot gekennzeichnet sein. Vermutlich zeigen etwa 80 Prozent der Patienten milde Verläufe. Im Fachmagazin „Nature“ veröffentlichte Studienergebnisse zeigen jedoch, dass die Viruslast auch bei milden Verläufen hoch ist – vor allem im Nasen-Rachen-Raum.
Ende Januar wurden die ersten Covid-19-Patienten in Bayern bekannt. Die neun Personen der sogenannten „Münchner Fallgruppe“ wurden im Klinikum Schwabing medizinisch betreut. Die Betroffenen waren jüngeren bis mittleren Alters und zeigten eher milde Verläufe und grippeähnliche Symptome wie Husten, Fieber und gestörtes Geschmacksempfinden. „Zu diesem Zeitpunkt wussten wir wirklich nur sehr wenig über das neuartige Coronavirus, das wir jetzt als SARS-CoV-2 kennen“, sagt Professor Dr. Christian Drosten, Direktor des Instituts für Virologie am Campus Charité Mitte und einer der leitenden Studienautoren. „Wir haben diese neun Fälle über ihren Krankheitsverlauf hinweg deshalb sehr engmaschig virologisch untersucht – und so viele wichtige Details über das neue Virus erfahren.“ Neben Drosten gehört auch Proessor. Dr. Clemens Wendtner, Chefarzt der Infektiologie und Tropenmedizin an der München Klinik Schwabing zur Autorengruppe.
Die Proben
Den Patienten wurden über den gesamten Krankheitsverlauf – bis zu 28 Tage nach Symptombeginn – täglich Abstriche aus dem Nasen-Rachen-Raum und dem Husten-Auswurf entnommen. Außerdem wurden Proben, wann immer möglich, aus Stuhl, Urin und Blut gesammelt. Alle Proben wurden unabhängig voneinander in zwei Laboren auf SARS-CoV-2 untersucht: im Institut für Virologie am Campus Charité Mitte in Berlin und im Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr in München.
Die Ergebnisse
Die Virusausscheidung im Rachen war trotz milder Verläufe in der ersten Woche nach Beginn der Symptome sehr hoch (Höhepunkt bei 7,11 × 108 RNA-Kopien pro Rachenabstrich, Tag 4). Auch im Husten-Auswurf konnten große Mengen an Virus-Erbgut nachgewiesen werden. Zudem ließen sich aus Rachenabstrich und Husten-Auswurf infektiöse Virus-Partikel isolieren. „Das bedeutet, dass sich das neue Coronavirus nicht erst in der Lunge, sondern bereits im Rachen vermehren kann und damit sehr leicht übertragbar ist“, erklärt Drosten.
Die Viruslast im Rachen nahm über die erste Krankheitswoche deutlich ab. Gleiches gilt für die Virusausscheidung in der Lunge, allerdings wurde der Effekt erst deutlich später verzeichnet. Ab Tag 8 nach Symptombeginn konnten die Wissenschaftler keine infektiösen Viruspartikel mehr isolieren – obwohl noch weiterhin Virus-Erbgut im Rachen und in der Lunge nachzuweisen war.
Betroffene sind sehr früh infektiös
Enthielten die Proben weniger als 100.000 Kopien des Virus-Erbguts, ließen sich keine infektiösen Viren mehr nachweisen. Daraus ließen sich zweierlei Schlussfolgerungen ableiten: „Die hohe Viruslast im Rachen gleich zu Beginn der Symptome deutet darauf hin, dass Covid-19-Erkrankte bereits sehr früh infektiös sind, möglicherweise sogar bevor sie überhaupt bemerken, dass sie krank sind“, erklärt Oberstarzt und Privatdozent Dr. Roman Wölfel, Direktor des Instituts für Mikrobiologie der Bundeswehr und einer der Erstautoren der Studie. „Gleichzeitig scheint die Infektiosität der Covid-19-Patienten von der Viruslast im Rachen beziehungsweise der Lunge abzuhängen. Das ist ein wichtiger Faktor für die Entscheidung, wann ein Patient bei knappen Bettenkapazitäten und entsprechendem Zeitdruck frühestens aus dem Krankenhaus entlassen werden kann.“ Patienten sollten daher erst aus dem Krankenhaus entlassen werden, wenn nach Tag 10 weniger als 100.000 Kopien des Viren-Erbguts im Husten-Auswurf nachgewiesen werden können.
Keine infektiösen Viren im Stuhl
Vermutlich kann sich SARS-CoV-2 auch im Magen-Darm-Trakt vermehren. Allerdings konnten im Stuhl der Covid-19-Patineten keine infektiösen Viren nachgewiesen werden. Im Blut und im Urin konnte ebenfalls kein Virus gefunden werden.
Antikörper in Blutseren
Die Wissenschaftler untersuchten zudem die Blutseren der Covid-19-Patienten auf Antikörper. Die Hälfte der Betroffenen entwickelte bis zum siebten Tag nach Beginn der Symptome Antikörper. Nach zwei Wochen hatten alle Patienten Antikörper gegen SARS-CoV-2 gebildet. Mit einsetzender Antikörperproduktion konnten die Wissenschaftler einen langsamen Abfall der Viruslast beobachten.
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