Bei der Anwendung von Arzneimitteln kann es mitunter zu Intoxikationen kommen, beispielsweise bei einer Überdosierung einiger Wirkstoffe. Gleiches gilt, wenn bestimmte Arzneimittel oder Lebens- und Arzneimittel kombiniert werden, wie eine Vergiftung mit Todesfolge durch die Kombination aus Loperamid und Tonic Water zeigt.
Der Fall: Ein Ärzteteam der Klinik für Anästhesie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie am Klinikum Ludwigsburg berichtet über den Tod einer Patientin infolge einer Vergiftung, nachdem sie Loperamid eingenommen und zuvor Tonic Water getrunken hatte.
Was war passiert? Die ansonsten gesunde Patientin erkrankte an einer Gastroenteritis, die mit akuten Beschwerden wie Durchfall, Erbrechen und starken Bauchschmerzen einherging. Der ärztliche Notdienst verschrieb ihr zur Behandlung Loperamid. Dieses nahm die Frau zunächst wie verordnet ein – zwei Tabletten zu jeweils 2 mg. Zusätzlich wurden 600 mg Ibuprofen gegen die Schmerzen eingenommen. Als sich die Symptome nicht besserten, nahm die Patientin weitere 2 mg Loperamid ein. Kurze Zeit später fand sie ihr Partner nicht mehr ansprechbar vor.
Im Krankenhaus wurde nach zahlreichen Untersuchungen der Befund eines hypoxischen Hirnschadens gestellt. Organische Ursachen für den Hirntod der Patientin wurden ausgeschlossen. Da auch keine anderen pathologischen Befunde vorlagen, gingen die Ärzt:innen von einer Intoxikation aus. Das Problem: Die Frau trank in den Vortagen täglich etwa 2,5 Liter Tonic Water, was vermutlich zu der tödlichen Vergiftung führte. Denn das Getränk enthält bekanntlich Chinin – je nach Sorte zwischen 60 und 80 mg/Liter –, was wiederum mit dem eingenommenen Loperamid in Wechselwirkung trat.
Erhöhter Tonic Water-Konsum führt zu Vergiftung
Loperamid zählt zu den synthetischen Opioiden. Der Wirkstoff kommt zur symptomatischen Behandlung von Diarrhoe zum Einsatz. Die Wirkung geht auf eine Bindung an Opioidrezeptoren der Darmwand zurück, die zu einer Hemmung der Prostaglandin- und Acetylcholin-Freisetzung führt. Loperamid wirkt zunächst peripher und passiert die Blut-Hirn-Schranke gut. Über Effluxpumpen von P-Glykoprotein-Typ wird der Wirkstoff jedoch wieder schnell aus dem Gehirn transportiert, sodass sich kaum eine zentrale Wirkung entfalten kann. Das Risiko einer Opiatintoxikation ist somit verringert.
Chinin gehört neben Amiodaron, Azithromycin, Clarithromycin, Ciclosporin, Ketoconazol und Co. zu den Wirkstoffen, die P-Glykoprotein hemmen. Dieser Effekt werden den Expert:innen zufolge in der Drogenszene häufig ausgenutzt, um eine zentrale Wirkung von Loperamid zu erreichen. Dafür genügt laut Berichten schon eine Menge von rund 200 mg Chinin in Kombination mit 1 mg Loperamid. Im vorliegenden Fall hatte die Patientin rund 170 mg Chinin aufgenommen, was den Expert:innen zufolge ausreichte, um eine ausgeprägte zentrale μ-Rezeptor-Wirkung von Loperamid auszulösen, da dieses nicht aus dem Gehirn abtransportiert werden konnte und zudem mit 6 mg in einer weitaus höheren Dosis eingenommen wurde. Die Folge: eine tödliche Vergiftung.
Die Expert:innen sprechen sich in daher dafür aus, Patient:innen im Rahmen der Loperamid-Verordnung entsprechend zu informieren und vor dem Risiko in Verbindung mit Chinin-haltigen Produkten zu warnen.
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