Chef:innen dürfen nicht zum Austreten aus der Gewerkschaft motivieren
Gewerkschaft – Ja oder Nein? Diese Frage stellt sich für viele Arbeitnehmer:innen. Denn nicht jede/r Chef:in sieht eine Mitgliedschaft gern. Doch zum Austreten aus der Gewerkschaft motivieren dürfen Chef:innen ihre Angestellten trotzdem nicht.
Um von Tariferhöhungen und Co. zu profitieren, braucht es in der Regel eine Mitgliedschaft in der Gewerkschaft. Trotzdem gehört laut dem PTA-Gehaltsreport 2021 nur eine von zehn PTA hierzulande der Apothekengewerkschaft Adexa an. Über die Gründe lässt sich nur spekulieren, doch einigen Chef:innen ist gewerkschaftliches Engagement noch immer ein Dorn im Auge.
Zwar dürfen Arbeitgebende ihre Angestellten nicht nach einer Mitgliedschaft fragen, trotzdem erfährt der/die Chef:in meist spätestens davon, wenn es um die Frage nach der Tarifbindung geht. Benachteiligen dürfen Chef:innen Mitarbeiter:innen, die sich gewerkschaftlich engagieren, jedoch nicht. Und tabu ist auch, Angestellte zum Austreten aus der Gewerkschaft zu motivieren, beispielsweise durch Prämien.
Prämie für das Austreten aus der Gewerkschaft
Das Recht, sich gewerkschaftlich zu organisieren, steht hierzulande allen Arbeitnehmer:innen durch das Grundgesetz zu. Dennoch versuchen einige Vorgesetzte, ihre Mitarbeiter:innen daran zu hindern, wie ein Fall vor dem Arbeitsgericht Gelsenkirchen bereits vor einigen Jahren gezeigt hat.
Dabei hatte ein Reinigungsunternehmen allen seinen 200 Angestellten über einen Mitarbeiterbrief eine Prämie von 50 Euro angeboten, wenn sie sich zum Austreten aus der Gewerkschaft entscheiden. Auch eine vorformulierte Kündigung bot der Arbeitgeber dazu an. Der Geldbetrag – als Mitarbeitertreueprämie bezeichnet – sollte dabei laut dem Betrieb nicht als Anreiz für den Austritt dienen, sondern dabei helfen, den finanziellen Schaden durch den Eintritt abzufedern.
Das Gericht sah im Verhalten des Unternehmens jedoch einen erheblichen Verstoß gegen das Grundrecht auf Koalitionsfreiheit. Folglich untersagten die Richter:innen dem Arbeitgeber, mit Prämien oder anderen Vorteilen für das Austreten aus der Gewerkschaft zu werben, Angestellte nach einer Mitgliedschaft zu fragen, sie zum Austritt aufzufordern oder ihnen Formulare für eine Kündigung zur Verfügung zu stellen.
„Arbeitnehmer, die sich den Gewerkschaften anschließen wollen, dürfen daher daran nicht durch wirtschaftlichen Druck gehindert werden. Sie müssen sich frei für den Beitritt zu einer Gewerkschaft entscheiden können. Sind sie bereits Mitglied einer Gewerkschaft so darf wiederum in keiner Weise Druck ausgeübt oder ein Anreiz dafür geschaffen werden, sie zum Austritt zu bewegen“, so das Urteil der Richter:innen.
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