Cannabismissbrauch: AMK offenbare „eklatantes Wissensdefizit“
Kritik an der AMK: Mitte Januar hatte die AMK über mögliche Cannabismissbrauchsmerkmale informiert. Jetzt melden sich die Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin e.V. (ACM), der Verband der Cannabis versorgenden Apotheken e.V. (VCA) und das Selbsthilfenetzwerk Cannabis Medizin (SCM) zu Wort. Die AMK offenbare mit der Stellungnahme ein eklatantes Wissensdefizit und schüre alte Vorbehalte gegenüber der noch jungen Therapieoption.
Bislang wurden der AMK noch keine Missbrauchsverdachtsfälle zu Cannabis-haltigen Arzneimitteln gemeldet. Mitte Januar informierte die AMK, dass Apotheken infolge der erweiterten Anwendung von Cannabis zu medizinischen Zwecken eine besondere Verantwortung bezüglich der Vermeidung von Arzneimittelrisiken einschließlich der missbräuchlichen Anwendung von Cannabisblüten und -extrakten hätten und gab Hinweise, woran eine missbräuchliche Anwendung erkannt werden könne. Zu den „Tipps“ beziehen ACM, VCA und SCM nun Stellung und nehmen die einzelnen Hinweise der AMK auseinander.
„Unseres Wissens nach gibt es keine Erkenntnisse darüber, dass die ‚missbräuchliche Anwendung‘ von Cannabis als Medizin überhaupt ein relevantes Problem darstellt – ganz im Gegensatz zu anderen Arzneimitteln wie Benzodiazepinen und Opioiden“, heißt es mit dem Hinweis, dass in Deutschland schätzungsweise mehr als eine Million Menschen Benzodiazepine missbräuchlich verwenden würden.
Laut AMK könne der Versuch des Patienten, die Rezepturzubereitung zu beeinflussen, sodass die Droge unverarbeitet abgegeben werden soll, ein Hinweis auf einen potentiellen Missbrauch sein. Auch hier kontern ACM, VCA und SCM. Der Hinweis sei gar in doppelter Hinsicht unzutreffend. „Erstens darf Cannabis nur dann überhaupt vom Apotheker ‚unverarbeitet‘ abgegeben werden, wenn dies vom Arzt oder der Ärztin ausdrücklich auf dem Rezept vermerkt wurde und zweitens ist die ‚unverarbeitete‘ Gabe empfehlenswert, um z. B. einer vorzeitigen Oxidation vorzubeugen.“
Das strikte Beharren auf einer THC-reichen oder bestimmten Cannabissorte ist aus Sicht der AMK ebenfalls ein Missbrauchshinweis. Auch diesen Punkt zerfetzen ACM, VCA und SCM. Es gebe gut begründete Hinweise, dass bei bestimmten Erkrankungen gerade THC-reiche Cannabis-basierte Medikamente besonders gut wirksam seien. Zudem sei der Wunsch nach einer bestimmten Cannabissorte aufgrund der patienten-individuellen Wirksamkeit und Verträglichkeit legitim.
ACM, VCA und SCM nehmen die Stellungnahme der AMK zum einen mit großem Unverständnis zur Kenntnis, zum anderen mit großer Sorge. „Da der Anschein erweckt wird, Patient*innen, die mit Cannabis behandelt werden, stellten per se eine ‚Problemgruppe‘ dar und viele Ärzt*innen, die Cannabis verordnen, führten eine ‚zweifelhafte‘ und an Sorgfalt mangelnde Behandlung durch, die seitens der Apotheker*innen keinerlei Kontrolle erfahre.“
ACM, VCA und SCM fordern die AMK zudem auf, „sich beim Bundesgesundheitsministerium oder der Bundesopiumstelle über die Inhalte und Ziele des ‚Cannabis als Medizin Gesetzes‘ zu informieren.“ Außerdem bieten die Verbände der AMK ihre Unterstützung an. „Gerne stehen aber auch ACM, VCA und SCM für einen Austausch zur Verfügung – nicht zuletzt, da sich der Eindruck aufdrängt, dass die AMK zu einem Thema Stellung bezogen hat, ohne zuvor bei den Ärzt*innen und Apotheker*innen Auskünfte einzuholen, die täglich mit dem Thema ‚Cannabis als Medizin‘ praktisch und patientennah befasst sind.“
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