Brief an Merkel und Spahn: Fokus auf Corona-Gefahr in Innenräumen
Die Infektionszahlen steigen unaufhörlich und in der Politik wird erneut über einen harten Lockdown mitsamt nächtlichen Ausgangssperren diskutiert. Geht es nach Wissenschaftler:innen, braucht es jedoch eine andere Strategie. In einem offenen Brief an die Politik warnt die Gesellschaft für Aerosolforschung (GAeF) vor der unterschätzten Gefahr in Innenräumen und appelliert zur Einhaltung ihrer „goldenen Regeln“. Auch Plexiglaswände stellen demnach ein Risiko dar.
Das Wichtigste vorab: Die Gefahr einer Corona-Infektion ist in Innenräumen deutlich höher als im Freien. Obwohl dies längst wissenschaftlich belegt ist, findet die Erkenntnis in den Augen der GAeF bisher zu wenig öffentliche Beachtung. Daher fordern die Wissenschaftler:innen in ihrem aktuellen Schreiben an Bundeskanzlerin Angela Merkel, Gesundheitsminister Jens Spahn sowie die Ministerpräsident:innen und Gesundheitsminister:innen der Länder einen Strategiewechsel in der Coronapolitik.
„Wenn wir die Pandemie in den Griff bekommen wollen, müssen wir die Menschen sensibilisieren, dass DRINNEN die Gefahr lauert“, heißt es in dem Brief. „Stattdessen werden eher symbolische Maßnahmen wie die Maskenpflicht beim Joggen erlassen, die keinen nennenswerten Einfluss auf das Infektionsgeschehen erwarten lassen.“ Im Gegenteil: Dadurch könnte die Akzeptanz der Bürger:innen weiter schwinden – vor allem im Privaten – und so dem Infektionsschutz entgegenwirken.
Corona-Gefahr in Innenräumen: Plexiglaswände wenig hilfreich
„In der Fußgängerzone eine Maske zu tragen, um anschließend im eigenen Wohnzimmer eine Kaffeetafel ohne Maske zu veranstalten, ist nicht das, was wir als Experten unter Infektionsvermeidung verstehen“, verdeutlichen die Wissenschaftler:innen anhand eines Beispiels. Sie verweisen auf ein früheres Positionspapier rund um die Luftübertragung von SARS-CoV-2. Demnach erfolge die Virenübertragung „fast ausnahmslos“ in geschlossenen Räumen und nicht im Freien, sodass die Gefahr in Innenräumen am größten sei. Dabei kann nicht nur der gleichzeitige Aufenthalt mit einer Corona-positiven Person in einem geschlossenen, schlecht belüfteten Raum zu einer Ansteckung führen. Stattdessen genügt es schon, wenn sich ein/e Infizierte:r zuvor lange genug im jeweiligen Raum aufgehalten hat.
Daher seien in den Augen von Expert:innen wie Professor Dr. Martin Kriegel von der Gesundheitstechnischen Gesellschaft auch Maßnahmen wie der Einbau von Plexiglaswänden, welche in den meisten Apotheken längst fester Bestandteil sind, wenig hilfreich. Diese würden zwar einen direkten Kontakt mit der ausgestoßenen Aerosolwolke verhindern. Allerdings verteilen und halten sich die virenhaltigen Aerosole in der Luft und können so als Infektionsquelle dienen. Stattdessen gehöre dem GAeF-Brief zufolge das Tragen einer „effektiven Maske“ in Innenräumen zu den „goldenen Regeln der Infektionsvermeidung“.
Die GAeF-Expert:innen appellieren daher an die Politik, sich auf die Gefahr in Innenräumen zu fokussieren und die Menschen anzuhalten, die „goldenen Regeln zur Infektionsvermeidung“ einzuhalten:
- Treffen von möglichst wenigen Menschen außerhalb des eigenen Haushalts in Innenräumen.
- Zusammenkünfte in Innenräumen so kurz wie möglich halten.
- Regelmäßiges gründliches Stoß- und Querlüften.
- Tragen einer „effektiven Maske“ mit richtigem Sitz bei Treffen in Innenräumen.
- Installieren von Luftreinigern sowie -filtern in Räumen, in denen sich dauerhaft viele Menschen aufhalten, wie in Schulen oder Pflegeheimen.
- Verlegen von Veranstaltungen und Zusammenkünften ins Freie oder in große, gut belüftete Hallen, bei denen das Ansteckungsrisiko geringer ist.
Dies sei ihnen zufolge nicht nur der richtige Weg im Kampf gegen die Virusausbreitung, sondern könne den Bürger:innen auch ein Stück Bewegungsfreiheit zurückbringen. „Wer sich zum Kaffee in der Fußgängerzone trifft, muss niemanden in sein Wohnzimmer einladen. Dort ist die Einhaltung der bekannten Hygieneregeln zu erwarten, zu Hause dagegen nicht“, schließen die Forscher:innen ihren Brief.
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