Medizinische Blutegel (Hirudo medicinalis) werden als apothekenpflichtige Arzneimittel eingestuft und können über die Apotheke bezogen werden. Von den Kassen werden die Kosten jedoch nicht erstattet und unter das Transfusionsgesetz fallen die Lebewesen nicht – und doch stellt sich die Frage nach der Dokumentation.
Blutegel sind sehr sensibel und reagieren empfindlich auf Stress. Nach der letzten Blutfütterung müssen die Lebewesen für mindestens 32 Wochen in Quarantäne. Ausgeliefert werden die Arzneimittel der besonderen Art in einer Transportbox mit einer „Teich-Nummer“, die der Chargen-Nummer entspricht.
Blutegel haben eine lange Tradition und werden seit Jahrtausenden traditionell unter anderem bei Venenentzündungen, Thrombosen, Ohrenerkrankungen, Ulcus cruris sowie Furunkulosen eingesetzt. Weil die Lebewesen Blutstauungen mindern können, werden sie auch in der Transplantationschirurgie eingesetzt. Die Tiere können den Blutfluss und die Sauerstoffversorgung verbessern. Außerdem werden dem Biss des Egels entzündungs- und gerinnungshemmende sowie lymphstrombeschleunigende Eigenschaften zugesprochen. Die Wirkungen können auf die Inhaltsstoffe des Speichels wie Hirudin, Calin und Enzyme wie Hyaluronidasen zurückgeführt werden.
Blutegel können beim Hersteller oder auch über den Großhandel bezogen werden. Dabei wird zwischen Kulturegel aus Wildfang und Zuchtegel unterschieden. Ausgeliefert werden die Egel als Kühlware und können je nach Herstellerangaben bis zu vier Tage bei Temperaturen zwischen vier bis acht Grad in ihrer Transportverpackung gelagert werden. Nach dem Zeitraum müssen sie für drei bis fünf Minuten unter fließendem Leitungswasser abgespült und im Anschluss in ein dichtschließendes Gefäß, das mit destilliertem Wasser und 0,5 Gramm Natriumchlorid pro Liter Wasser gefüllt ist, gesetzt werden. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass Egel und Flüssigkeit die gleiche Temperatur haben. Das Wasser sollte alle zwei Tage gewechselt und die Egel maximal sieben Tage in dem Gefäß bei bis zu 25 Grad aufbewahrt werden.
Lagern die Egel über einen längeren Zeitraum in der Apotheke, sollten sie im Kühlschrank aufbewahrt und die Flüssigkeit wöchentlich gewechselt werden. Eine mehrmalige Verlagerung des Standortes sollte vermieden werden, weil dies für die Egel Stress bedeutet. So können Licht und Lärm sowie Gewitter die Beißfreude der Egel mindern.
Haben die Egel die Apotheke verlassen, sollten sie sich zwei Tage erholen, bevor sie angesetzt werden. Die Egel können medizinisch nur einmal verwendet werden und sollten im Anschluss bei Minus 18 Grad eingefroren oder in Spiritus gelegt und so getötet werden.
Doku oder nicht?
Gemäß den Vorgaben des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) – „Mitteilung zu Blutegeln in der Humanmedizin – Leitlinie zur Sicherung von Qualität und Unbedenklichkeit“ muss die Rückverfolgbarkeit der Blutegel chargenbezogen sowohl vonseiten des Herstellers als auch des Anwenders (Dokumentation der Chargennummer durch die Anwender) gewährleistet sein. Außerdem muss die Rückverfolgbarkeit des an jede Blutegelcharge verfütterten Blutes sichergestellt werden.
Die Egel fallen nicht unter das Transfusionsgesetz (TFG), auch wenn sie als apothekenpflichtige Fertigarzneimittel eingestuft werden. Allerdings sind sie keine Blutzubereitungen und entsprechen nicht der Definition nach Arzneimittegesetz, wobei es sich um „Arzneimittel, die aus Blut gewonnene Blut-, Plasma- oder Serumkonserven, Blutbestandteile oder Zubereitungen aus Blutbestandteilen sind oder als Wirkstoffe enthalten“ handelt. Die Lebewesen sind aber auch keine „Sera aus menschlichem Blut“ oder „Blutbestandteile, die zur Herstellung von Wirkstoffen oder Arzneimitteln bestimmt sind“. Die Doku durch die Apotheke gemäß TFG ist somit nicht erforderlich.
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