Blutdruckabfall: Makrolide besser nicht mit Calciumantagonisten?
Calciumantagonisten – auch Calciumkanalblocker – wie Amlodipin gehören zu den am häufigsten verordneten Blutdrucksenkern. Doch in Kombination mit anderen Arzneimitteln ist mitunter Vorsicht geboten. So droht unter der Kombi aus Calciumantagonisten und Makroliden ein Blutdruckabfall – zumindest in einigen Fällen.
Bereits vor Längerem haben kanadische Forschende herausgefunden, dass unter der gleichzeitigen Anwendung von Calciumantagonisten und Makroliden ein erhöhtes Risiko für eine Hypotonie droht. Genau kann die Gefahr vor allem bei älteren Patient:innen steigen, und zwar um bis zu das Sechsfache. Entscheidend ist jedoch, welches Makrolidantibiotikum Anwendung findet.
Makrolide besitzen ein breites Wirkspektrum und werden vor allem zur Behandlung bakterieller Infektionen der Atemwege, des Hals-Nasen-Ohren-Bereichs oder der Haut eingesetzt. Makrolide haben bakteriostatische bis bakterizide Eigenschaften. Sie binden an die 50S-Untereinheit bakterieller Ribosomen und hemmen so die Proteinbiosynthese. Zur Wirkstoffgruppe gehören unter anderem Clarithromycin, Azithromycin und Erythromycin.
Calciumantagonisten werden zur Behandlung der arteriellen Hypertonie und der koronaren Herzkrankheit eingesetzt und haben eine blutdrucksenkende sowie gefäßentspannende Wirkung. Unterschieden wird zwischen Dihydropyridinen, Phenylalkylaminderivaten und Benzothiazepinen. Die Wirkstoffe blockieren den Calciumkanal und verhindern so den Calciumeinstrom, wodurch die Arterien weitgestellt bleiben und der Blutdruck sinkt. Außerdem nimmt die Erregungsleitung ab.
Calciumantagonisten: Drohender Blutdruckabfall in Kombi mit Makroliden
In einer Datenanalyse von mehreren tausend älteren Patient:innen, die Calciumantagonisten erhielten und aufgrund einer Hypotonie stationär behandelt werden mussten, zeigte sich: Grund für den plötzlichen Blutdruckabfall war eine gleichzeitige Anwendung von Makrolidantibiotika. Denn diese werden ebenso wie Amlodipin und Co. über Enzyme der Cytochrom P450-Familie, genau CYP3A4, metabolisiert, wodurch es zu einer Wirkverstärkung kommen kann.
Besonders hoch war das Risiko demnach, wenn Calciumantagonisten mit Erythromycin oder Clarithromycin kombiniert wurden, sodass Patient:innen bis zu sechsmal häufiger eine Hypotonie erlitten. Außerdem ließen sich vermehrt Nierenschäden beobachten. Folglich wird auch in den Produktinformationen der Makrolidantibiotika vor einer Kombi mit Calciumantagonisten gewarnt. Denn die Plasmaspiegel beider Stoffgruppen können ansteigen. Zu den möglichen Folgen gehören neben einem Blutdruckabfall auch Bradyarrhythmie und Laktatazidose, die laut Fachinformationen beispielsweise unter der gleichzeitigen Einnahme von Clarithromycin oder Erythromycin mit Verapamil beobachtet wurden.
Doch eine entsprechende Wechselwirkung mit Calciumantagonisten tritt offenbar nicht bei allen Makroliden auf. So wurde beispielsweise für Azithromycin in der kanadischen Untersuchung kein erhöhtes Risiko für einen Blutdruckabfall festgestellt und auch in den Produktinformationen entsprechender Arzneimittel finden sich keine Hinweise darauf. Der Grund: Der Wirkstoff hemmt CYP3A4 nur geringfügig, wodurch sich die Gefahr einer Wirkverstärkung des Blutdrucksenkers verringert.
Um einen Blutdruckabfall zu vermeiden, sollte unter der Behandlung mit Calciumantagonisten falls möglich auf Azithromycin oder andere Antibiotika umgestiegen oder die Blutdruckbehandlung nach Arztrücksprache für die Dauer der Antibiose unterbrochen werden.
Übrigens: Auch bei Makroliden und Statinen heißt es wachsam sein.
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