Seit einigen Monaten ist mit Awiqli (Insulin iodec, Novo Nordisk) das erste Wocheninsulin zur Behandlung von Diabetes Typ 1 und Typ 2 verfügbar. Doch der Zusatznutzen von Awiqli ist nicht belegt, kritisiert die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ). Mehr noch: Das Arzneimittel könnte bei einigen Patient:innen womöglich eher schaden als nutzen.
Insulin iodec ist ein lang wirkendes Humaninsulin mit einer Halbwertszeit von 196 Stunden, das eine stetige Glukose-senkende Wirkung erzielt. Bei Typ-1-Diabetes muss Awiqli mit einem Bolusinsulin kombiniert werden, um den Insulinbedarf zu den Mahlzeiten zu decken. Personen mit Diabetes mellitus Typ 2 können Insulin icodec dagegen allein oder in Kombination mit oralen Antidiabetika, GLP-1-Rezeptoragonisten und Bolusinsulin anwenden.
Das Ultra-Langzeit-Insulinanalogon muss nur einmal wöchentlich anstatt täglich injiziert werden. Im Vergleich zu anderen Insulinanaloga bietet Awiqli trotzdem kaum einen Zusatznutzen, kritisiert die AkdÄ in zwei aktuellen Stellungnahmen.
Awiqli: Kein Zusatznutzen bei Typ-2-Diabetes?
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat im September zwei Verfahren zur frühen Nutzenbewertung gemäß § 35a SGB V zum Wirkstoff Insulin icodec bei der Behandlung von Diabetes Typ 1 und Typ 2 eingeleitet. Die AkdÄ hat dazu ihre Stellungnahmen abgegeben. Dabei schließen sich die Expert:innen in der Indikation Typ-2-Diabetes der Einschätzung des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) an, das den Zusatznutzen von Awiqli als nicht belegt ansieht.
So konnte der Zulassungsinhaber beispielsweise keine entsprechenden Daten als Nachweis für folgende Patientengruppen mit Diabetes mellitus Typ 2 – jeweils mit oder ohne vorhandene manifeste kardiovaskuläre Erkrankung – vorlegen:
- insulin-naive Erwachsene, die mit ihrer bisherigen medikamentösen Therapie bestehend aus mindestens zwei blutzuckersenkenden Arzneimitteln zusätzlich zu Diät und Bewegung keine ausreichende Blutzuckerkontrolle erreicht haben und für die eine Indikation für eine Insulintherapie besteht
- insulin-erfahrene Erwachsene, die mit ihrem bisherigen Insulinregime zusätzlich zu Diät und Bewegung keine ausreichende Blutzuckerkontrolle erreicht haben
Hinzukommt: Unter Insulin icodec sei im Vergleich zu Insulin glargin von einem höheren Risiko für Hypoglykämien auszugehen. Dieses überwiege bei den meisten Patientengruppen den Vorteil der verringerten Injektionshäufigkeit.
Mehr Schaden als Nutzen bei Typ-1-Diabetiker:innen?
Ähnlich verhält es sich bei der Behandlung von Patient:innen mit Typ-1-Diabetes. Mehr noch: Verglichen mit anderen Behandlungsoptionen, genau der Therapie mit Insulin degludec, sieht die AkdÄ – anders als das IQWiG – sogar einen Anhaltspunkt für einen geringeren Nutzen durch Awiqli. Der Grund: Studiendaten ergeben eine Number needed to harm von 40. Das bedeutet: Bei der Therapie von 40 Patient:innen mit dem Arzneimittel kommt es in einem Fall zu einer Hypoglykämie. Diese tritt folglich deutlich häufiger auf als unter anderen Therapien bei Typ-1-Diabetes.
Die finale Entscheidung trifft der G-BA. Dieser legt bis Mitte Februar fest, ob und welchen Zusatznutzen Awiqli bietet.
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