AvP-Insolvenz könnte Apothekensterben verdoppeln
Die Insolvenz des Rechenzentrums AvP hat die Branche erschüttert. Die Pleite könnte auch den Ruin für einige Apotheken bedeuten, die ihre Rezepte über AvP abgerechnet haben. Der Apothekerverband Nordrhein (AVNR) hat eine aktuelle Markteinschätzung vorgenommen und kommt zu einem alarmierenden Ergebnis: Es sei infolge der AvP-Insolvenz kurzfristig mit einer Verdopplung des Apothekensterbens zu rechnen. 2.500 Arbeitsplätze stünden allein durch die AvP-Insolvenz auf dem Spiel.
Der AVNR hat nachgerechnet; in Nordrhein-Westfalen seien etwa 5 Prozent der 3.985 Apotheken so stark betroffen, dass eine kurzfristige Schließung drohe. Bundesweit seien es 3 Prozent der insgesamt 19.075 Apotheken. „Das hat zur Folge, dass kurzfristig mit einer Verdoppelung des ‚Apothekensterbens` zu rechnen ist.“
AvP-Insolvenz: Verdopplung des Apothekensterbens?
Würden statt 350 Apotheken bundesweit rund 700 Apotheken ihre Türen schließen müssen, stünden fast 5.000 Arbeitslätze auf dem Spiel; 2.500 allein durch die AvP-Insolvenz.
„Wir können vor diesem Hintergrund nur nochmal an Politik, Pharmazeutischen Großhandel und Banken appellieren, einen schnell wirksamen Beitrag zu leisten, um Schließungen der Apotheken zu verhindern und möglichen Versorgungslücken vor Ort sowie Arbeitsplatzverlusten effektiv entgegenzuwirken“, erklärt Thomas Preis, Vorsitzender des AVNR. „Was ich auch ausdrücklich betonen will: Hier geht es um die nackte Existenz von Kolleginnen und Kollegen vor Ort, die in der Hochphase der Corona-Krise Herausragendes geleistet haben und jetzt ohne eigenes Verschulden vor einem persönlichen und geschäftlichen Scherbenhaufen stehen.“
AVNR fordert nicht abgerechnete Rezepte zurück
Basierend auf einer auch mit anderen Apothekerverbänden abgestimmten und dezidiert begründeten Rechtsauffassung hat der AVNR den vorläufigen Insolvenzverwalter Dr. Jan-Philipp Dr. Hoos schriftlich aufgefordert, noch nicht abgerechnete Rezepte an die betroffenen Apotheken zurückzugeben, um weitere Nachteile zu vermeiden. „Unsere Position werden wir auch in dem bereits für Anfang der Woche terminierten Gespräch mit Herrn Dr. Hoos wiederholen. Dabei geht es in diesem Gespräch aber auch darum, gemeinsam mit der vorläufigen Insolvenzverwaltung eine rechtlich tragfähige, aber gleichzeitig auch pragmatische und kurzfristige Lösung zu erarbeiten. Denn insofern ist hier Eile geboten. Insgesamt gehen wir mit Zuversicht in dieses Gespräch“, so Preis.
Auch Sachsen-Anhalt schlägt Alarm
Jede fünfte Apotheke in Sachsen-Anhalt sei aktuell unverschuldet in akuten Zahlungsnöten, teilt die Apothekerkammer mit. Auch hier drohe infolge der AvP-Insolvenz ein Apothekensterben. Im Bundesland seien deutlich mehr als 100 der insgesamt 581 öffentlichen Apotheken von der Insolvenz des Rechenzentrums betroffen – bundesweit seien es etwa 2.900 Apotheken. Die Zahlungsausfälle seien existenzbedrohend und bewegen sich pro Apotheke in einem Bereich von etwa 120.000 Euro bis 400.000 Euro, teilweise sogar noch darüber hinaus.
„Da dieses Geld dringend für die Bezahlung der Rechnungen für die vom Großhandel und der Industrie gelieferten Arzneimittel, aber auch für Mieten, Gehälter und Sozialbeiträge benötigt wird, geraten viele der von der Insolvenz des Rechenzentrums betroffenen Apotheken unverschuldet in eine akute finanzielle Notlage. Auch wenn nur ein kleiner Teil der betroffenen Apotheken selbst Insolvenz anmelden muss, kommt es zu gefährlichen Liquiditätsproblemen, die die Existenz des Unternehmens Apotheke und damit die wohnortnahe Arzneimittelversorgung als Ganzes gefährden können“, sagt Dr. Jens-Andreas Münch, Präsident der Apothekerkammer Sachsen-Anhalt. Apothekerkammer und Landesapothekerverband haben in einem Brief an den Ministerpräsidenten des Landes Sachsen-Anhalt einen Hilferuf an die Politik gesandt.
„Der ersatzlose Ausfall einer ganzen Monatsabrechnung ist für nahezu jeden Apothekeninhaber existenzbedrohend. In der stark regulierten Arzneimittelversorgung tragen die Apotheken ohnehin ein großes finanzielles Risiko bei seit Jahren kaum angepassten Honoraren. Rabattverträge, Lieferengpässe, Retaxationen (Zahlungsweigerungen der Krankenkassen) und die Vorfinanzierungskosten für immer mehr hochpreisige Arzneimittel belasten die wirtschaftliche Situation ohnehin schwer“, erklärt Mathias Arnold, Vorsitzender des Landesapothekerverbandes Sachsen-Anhalt (LAV).
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