Die Ampel ist gescheitert. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) erklärte gestern Abend gegen 21:20 Uhr die Entlassung von Finanzminister Christian Lindner (FDP) – und erhob schwere Vorwürfe. Lindner schoss unverhohlen zurück.
Scholz beschuldigte Lindner, dringend notwendige Gesetze „sachfremd blockiert“ und „kleinkariert parteipolitisch taktiert“ zu haben. Zu oft habe er auch sein Vertrauen gebrochen: „Sogar die Einigung auf den Haushalt hat er einseitig wieder aufgekündigt, nachdem wir uns in langen Verhandlungen bereits darauf verständigt hatten. Es gibt keine Vertrauensbasis für die weitere Zusammenarbeit, so ist ernsthafte Regierungsarbeit nicht möglich.“
Deutschland habe aber eine Verantwortung, gerade mit Blick auf den Ausgang der US-Wahlen. Er habe einen Vier-Punkte-Plan zur Stärkung Deutschlands vorgelegt, der niedrigere Energiepreise, eine Unterstützung für die Automobilbranche, ein Investitionsprogramm sowie neue Ukraine-Hilfen vorgesehen habe. Es sei ein Angebot gewesen, das auch Vorschläge der FDP aufgegriffen hätte.
Er selbst sei aber fest entschlossen, das Land weiter durch die Krise zu führen, sagte Scholz in seiner überraschend kraftvollen Rede im Bundeskanzleramt. Es sei seine Pflicht, auf pragmatische Kompromisse im Sinne des Landes zu pochen. Wichtige Gesetzesvorhaben, die sich nicht aufschieben ließen, werde man noch in diesem Jahr abarbeiten. Im Januar werde er dann die Vertrauensfrage stellen, sodass es spätestens im März Neuwahlen geben könnte.
Lindner konterte später auf der Plenarebene im Bundestag, der Kanzler habe ihn ultimativ aufgefordert, endlich dem Überschreiten der Schuldenbremse zuzustimmen. Sein Papier wiederum sei noch nicht einmal als Beratungsgrundlage in Erwägung gezogen worden. Die Pläne von Scholz seien matt, unambitioniert und kraftlos. Er unterstellte Scholz auch, seine Rede von langer Hand vorbereitet zu haben – und damit auch den Koalitionsbruch.
Zwischendurch traten Robert Habeck und Annalena Baerbock zerknirscht vor dem Kanzleramt vor die Presse. Der Wirtschaftsminister sprach von einem tragischen Tag, an dem Deutschland eigentlich Handlungsfähigkeit hätte zeigen müssen. Der Ausgang wäre aus seiner Sicht nicht nötig gewesen. Es sei nicht gelungen, einen „Überschreitungsbeschluss“ zu treffen, und damit auch nicht die Haushaltslücke zu schließen, „dabei waren Lösungsmöglichkeiten auf dem Tisch“.
Zuvor war ab 18 Uhr im Koalitionsausschuss heftig über ein Investitionsprogramm und die Schuldenbremse gestritten worden.
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