Einen Facharzttermin außerhalb der Arbeitszeit zu ergattern, ist nicht immer möglich. Aber dürfen Angestellte überhaupt einen Arzttermin während der Dienstzeit buchen, obwohl keine akute Erkrankung vorliegt?
Laut Bundesrahmentarifvertrag § 10a „Freistellung von der Arbeit aus besonderen Anlässen“ haben alle Mitarbeiter:innen Anspruch auf Freistellung von der Arbeitsleistung für die benötigte Zeit unter Fortzahlung des Gehaltes, wenn sie ein/e Ärzt:in oder Zahnärzt:in aufsuchen müssen – vorausgesetzt, eine Behandlung außerhalb der Arbeitszeit ist nicht möglich.
Findet kein Tarifvertrag Anwendung, regelt § 616 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) „Vorübergehende Verhinderung“, ob Angestellte während der Arbeitszeit eine/n Ärzt:in aufsuchen dürfen. „Der zur Dienstleistung Verpflichtete wird des Anspruchs auf die Vergütung nicht dadurch verlustig, dass er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird.“ Somit spielt die Dringlichkeit des Arztbesuches eine entscheidende Rolle – beispielsweise wenn der Arztbesuch aufgrund von akuten Schmerzen medizinisch unvermeidbar ist. Aber auch, wenn die Untersuchung nur zu einer bestimmten Zeit stattfinden kann, beispielsweise eine Blutabnahme. „Ist der Arztbesuch in der Arbeitszeit unumgänglich, so hat der Arbeitgeber das Entgelt für diese Zeit weiterzuzahlen“, teilt ver.di mit.
Teilzeitkräfte sollten aufgrund der größeren Flexibilität im Vergleich zu Vollzeitkräften Arzttermine außerhalb der Arbeitszeit vereinbaren.
Arzttermin während der Arbeitszeit: Darauf ist zu achten
Müssen Angestellte während der Arbeitszeit zum/zur Ärzt:in und liegt keine akute Erkrankung vor, sind laut Deutschem Gewerkschaftsbund (DGB) folgende Punkte wichtig:
- der Arztbesuch muss medizinisch notwendig sein.
- Angestellte müssen versuchen, einen Termin außerhalb der Arbeitszeit zu bekommen.
- kann die Praxis keinen Termin außerhalb der Dienstzeit des/der Arbeitnehmer:in vergeben, sollten sich die Betroffenen eine ärztliche Bescheinigung ausstellen lassen.
- der Arztbesuch muss sich auf die notwendige Zeit beschränken und darf nicht für private Erledigungen ausgeweitet werden – es muss der direkte Weg von der Arbeitsstätte zur Praxis gewählt werden: „Dies bedeutet, dass der Aufenthalt in der Arztpraxis, ggf. auch mit der entsprechenden Wartezeit, und die übliche Wegezeit zum und vom Arzt an den Arbeitsplatz zu berücksichtigen sind“, schreibt die Techniker Krankenkasse.
- Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag können besondere Regelungen enthalten, so kann verankert sein, dass Arztbesuche während der Arbeitszeit nicht vergütet werden.
Arbeitnehmende sind verpflichtet, einen Arzttermin außerhalb der Arbeitszeit zu vereinbaren, das gilt vor allem für Kontroll- oder Vorsorgeuntersuchungen. Dabei ist auch der Fahrtweg zu berücksichtigen. Wird praxislaufbedingt ein Termin während der Arbeitszeit gebucht, obwohl ein Termin außerhalb der Dienstzeit möglich ist, kann der Anspruch auf Entgeltfortzahlung ausgeschlossen sein. Ist allerdings kein Termin außerhalb der Arbeitszeit möglich, muss der/die Arbeitgeber:in den Lohn weiterzahlen, auch wenn keine besondere Dringlichkeit der Behandlung besteht.
Tipp: Angestellte sollten sich eine ärztliche Bescheinigung darüber ausstellen lassen, dass ein Arzttermin außerhalb der Arbeitszeit nicht möglich war. Außerdem können Arbeitgeber:innen keine Arztwechsel anorden, auch dann nicht, wenn diese/r Sprechzeiten anbietet, die außerhalb der Arbeitszeit liegen.
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