„Vor dem Essen“, „nüchtern“ oder „zweimal täglich“ sollen Arzneimittel beispielsweise eingenommen werden. Aber was bedeutet das überhaupt und was hat der Biorhythmus mit dem richtigen Einnahmezeitpunkt zu tun?
Die korrekte Anwendung von Arzneimitteln ist für den Therapieerfolg entscheidend. Dabei geht es nicht nur um den richtigen Abstand zum Essen und zu anderen Medikamenten, sondern auch um die rhythmischen Abläufe, denen der menschliche Körper unterliegt. Der zyklische Turnus ist der Grund, warum einige Arzneimittel zu bestimmten Tageszeiten angewendet werden sollen.
Schilddrüsenpräparate
„Morgens, eine halbe Stunde vor dem Essen mit Leitungswasser“ lautet die Einnahmeempfehlung für Levothyroxin. Warum? Weil das Thyreoidea-stimulierende Hormon (TSH) – auch Thyreotroponin genannt – einem circadianen Rhythmus unterliegt. Es erreicht sein Maximum zwischen 2 und 4 Uhr morgens und nimmt am Nachmittag bis zur Primetime um etwa 20 Uhr wieder ab. Alternativ kann der Arzneistoff auch am Abend eine halbe Stunde vor dem Abendessen oder zwei Stunden danach eingenommen werden.
Glukokortikoide
Glukokortikode sind etwas für Frühaufsteher, denn sie erreichen in den Morgenstunden im Körper ihre höchste Konzentration. Die Einnahme sollte entsprechend dem körpereigenen Biorhythmus zwischen 6 und 8 Uhr morgens erfolgen. Ist der physiologische Spiegel ohnehin hoch und werden entsprechende Medikamente eingenommen, lassen sich unerwünschte Arzneimittelwirkungen reduzieren, da der Körper die Zufuhr weniger wahrnimmt.
Statine
Die Cholesterinsenker hemmen die HMG-CoA-Reduktase und nehmen indirekt Einfluss auf die LDL-Rezeptoren in der Leber. Zur Geisterstunde – also gegen Mitternacht – erreicht die Expression des Enzyms sein Maximum. Daher werden Statine in der Regel am Abend eingenommen. Allerdings trifft das nicht per se auf alle Statine zu. Untersuchungen zeigen, dass Lovastatin und Simvastatin bei abendlicher Einnahme die LDL-Konzentration stärker senken, als wenn sie am Morgen eingenommen werden. Für Atorvastatin trifft dies jedoch nicht zu. Weil der Arzneistoff mit 14 Stunden eine lange Halbwertszeit aufweist, gibt es in Bezug auf die Wirksamkeit kaum Unterschiede in Abhängigkeit vom Einnahmezeitpunkt.
H2-Rezeptorblocker und Protonenpumpenhemmer (PPI)
Auch die Magensäuresekretion unterliegt einem circadianen Rhythmus. H2-Blocker wie Ranitidin, Famotidin und Cimetidin werden in der Regel am Abend eingenommen. Wird jedoch nach der Arzneimitteleinnahme etwas gegessen, kann die Hemmung der Magensäuresekretion gemindert sein. Der PPI Omeprazol sollte am Abend und Lansoprazol wiederum am Morgen eingenommen werden.
Betablocker
Betablocker, Diuretika und Calciumkanalblocker sollten am Morgen eingenommen werden. Denn die Arzneistoffe hemmen die Sympathikusaktivität, die am Tag gesteigert ist. Während der Nacht findet ohnehin ein Blutdruckabfall statt, da der Parasympathikus überwiegt.
Einnahmezeitpunkt: Was bedeuten „nüchtern“ und Co.?
- morgens nüchtern: 30 bis 60 Minuten vor dem Frühstück
- vor dem Essen: mindestens 30 Minuten vor einer Mahlzeit
- zwischen dem Essen: in einem Abstand von zwei Stunden zwischen den Mahlzeiten
- zweimal täglich: alle zwölf Stunden
- dreimal täglich: alle acht Stunden
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