Die Verunsicherung beim neuen Coronavirus ist groß. Dazu tragen auch Berichte in den sozialen Medien bei, die verbreiten, dass bestimmte Arzneimittel wie ACE-Hemmer, Sartane oder Ibuprofen das Risiko für einen schwerwiegenden Covid-19-Verlauf erhöhen können. Die AMK klärt auf.
ACE-Hemmer und Sartane
Berichten chinesischer Autoren zufolge scheint das Coronavirus SARS-CoV-2 den ACE (Angiotensin-Conversions-Enzym)2-Rezeptor zu benötigen, um Zellen zu infizieren, teilt die AMK mit. Dazu gab es vor Kurzem in „Nature Reviews Cardiology“ eine entsprechende Publikation. „ACE2 wurde als funktioneller Rezeptor für Coronaviren – einschließlich SARS-CoV und SARS-CoV-2 – identifiziert“, schreiben die Wissenschaftler. ACE2 ist in der Lunge und auch am Herzen exprimiert. SARS-CoV-2 dringt hauptsächlich in die Alveolarepithelzellen ein, was zu Atemwegsbeschwerden führt. Die Folge können in erster Linie Lungenentzündungen, aber auch Schädigungen des Myokards und des Herz-Kreislauf-Systems sein. Vermutlich haben Patienten mit kardiovaskulären Grunderkrankungen (CVD) ein erhöhtes Sterberisiko.
Unter einer antihypertensiven Therapie mit ACE-Hemmern (ACEi) und Sartanen (Angiotensin-Rezeptor-Blockern, ARB) steigen die ACE2-Plasmaspiegel – vor allem bei Patienten mit Diabetes. „In den sozialen Medien kursieren zurzeit Meldungen, dass ACEi und ARB angeblich das Risiko für einen schwerwiegenden COVID-19 Verlauf erhöhen. Derzeit liegen der AMK, in Übereinstimmung mit der Europäischen und der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie, keinerlei wissenschaftliche Daten vor, die diese Annahme stützen“, teilt die AMK mit.
Keine Umstellung, kein Therapieabbruch
Der Rat der AMK: „Aufgrund fehlender Evidenz rät die AMK dringend von einer Umstellung auf andere blutdrucksenkende Arzneimittel, wie z. B. Calciumkanalblocker, oder sogar von Therapieabbrüchen ab.“ Laut AMK haben Menschen mit kardialen Vorerkrankungen bekannterweise, eine höhere Morbidität im Rahmen jeder respiratorischen Infektion.
Ibuprofen
WHO-Sprecher Christian Lindmeier hat in Genf trotz unklarer Datenlage davon abgeraten, bei Verdacht auf eine Covid-19-Infektion ohne ärztlichen Rat Ibuprofen einzunehmen. Neue Studien, aus denen hervorgehe, dass der Arzneistoff mit einer höheren Sterblichkeit verbunden sei, gebe es jedoch nicht. „Wir raten, im Verdachtsfall Paracetamol und nicht Ibuprofen einzunehmen“, so Lindmeier. Die Empfehlung beziehe sich ausschließlich auf die Einnahme ohne ärztlichen Rat.
Dass erhöhte ACE2-Spiegel auch mit einer Einnahme von Ibuprofen einhergehen können, ist laut AMK nicht durch Daten oder eine Referenz belegt. „Recherchen der AMK ergaben, dass zu dieser Hypothese bislang keine publizierten Arbeiten vorliegen.“ Ein Tiermodell aus dem Jahr 2015 an diabetischen Ratten mit erniedrigten ACE2-Spiegeln zeige einen möglichen Zusammenhang. Die Forscher fanden zwar heraus, dass Ibuprofen die ACE2-Spiegel bei den erkrankten Tieren erhöht. Allerdings waren im Vergleich zur gesunden Kontrolle die ACE2-Spiegel weiterhin erniedrigt.
Das Fazit der AMK: „Es gibt daher derzeit keinerlei Hinweise, neben Paracetamol nicht auch Ibuprofen zur Fiebersenkung auch bei an COVID-19 Erkrankten einzusetzen.“
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