Als adipös gelten Personen, deren BMI über 30 liegt. Mittlerweile ist das in Deutschland keine Seltenheit mehr, denn etwa ein Viertel der Bevölkerung ist betroffen. Auch in der Apotheke ist starkes Übergewicht ein Beratungsthema geworden. Hier stellt sich nun auch die Frage, ob Adipositas ein Grund zur Dosisanpassung eines Arzneimittels ist und wie du als PTA mit diesem sensiblen Thema umgehen kannst.
Adipositas kann unterschiedliche Ursachen haben: genetische Disposition, Bewegungsmangel, ungesunde Ernährung, Depression, Stress oder Erkrankungen. Die gesundheitlichen Folgen sind allerdings immer identisch – Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes mellitus, Fettleber, verschiedene Krebsformen, Schlafapnoe, eine geminderte Lebensqualität und noch einiges mehr.
Nun liegt auch nahe, dass gerade Patient:innen mit starkem Übergewicht auf die Arzneimitteltherapie zur Eindämmung ihrer Beschwerden angewiesen sind.
Körperliche Veränderungen durch Adipositas
Das vermehrte Körpergewicht adipöser Patient:innen setzt sich aus Fett, Muskelgewebe und Knochen zusammen. Zur Versorgung dieses zusätzlichen Gewebes nehmen Blutvolumen und Herzzeitvolumen zu, weshalb auch Niere, Leber und Gastrointestinaltrakt besser durchblutet werden. Somit nimmt auch die Funktion von Niere und Leber zu, allerdings nur, bis beide Organe durch Folgeerkrankungen funktionell eingeschränkt werden. Auch die Magenentleerungsrate wird gesteigert, weshalb Arzneimittel diesen schneller passieren.
Die Aufnahme, Verteilung und Ausscheidung von Arzneimitteln wird durch viele verschiedene Faktoren bedingt, die durch Adipositas verändert sein können. Die Betrachtung aller Gegebenheiten ist die korrekte Dosierung der Wirkstoffe unerlässlich.
Beispielsweise bestimmt die Funktionsfähigkeit der Leber bei Wirkstoffen, die hepatisch eliminiert werden, deren Wirkung erheblich mit, da der First-Pass-Effekt die Bioverfügbarkeit einiger Wirkstoffe bedingt. So muss, je nach Zustand der Leber, bei Adipositas eine Dosisanpassung für solche Arzneistoffe erfolgen. Dies betrifft beispielsweise Metoprolol, Verapamil, Lidocain oder Fentanyl. Eine Anpassung der Dosis kann hier nur durch die verschreibende Praxis erfolgen, da diese alle relevanten Patientendaten berücksichtigen kann.
Da in der Apotheke keine Daten über den Gesundheitszustand der Patient:innen vorliegen und deshalb auch keine Rückschlüsse auf Schwierigkeiten bei der Arzneimitteltherapie getroffen werden können, liegt die Entscheidung über eventuelle Dosisanpassungen komplett in den Händen der Ärztin/des Arztes.
Dosisanpassung bei Adipositas in der Selbstmedikation
Die empfohlenen Dosierungen in den Fachinformationen sind Daten, die ausführlichen Zulassungsstudien zugrunde liegen. In diesen Studien werden allerdings meistens normalgewichtige Personen betrachtet, da belastbare Ergebnisse für die durchschnittlichen Patient:innen benötigt werden. Eine Betrachtung von deutlich unter- oder überdurchschnittlichen Körpergewichten kann zu starken Differenzen in der Studie führen, weshalb dafür meist keine Daten erhoben werden, um die Ergebnisse nicht zu verfälschen.
Gerade bei Wirkstoffen, die in der Selbstmedikation angewendet werden, ist dieser Umstand auch nicht allzu kritisch, da diese eine große therapeutische Breite besitzen. Zudem werden hiermit keine Erkrankungen behandelt, bei denen der Therapieerfolg lebensnotwendig ist. Gegebenenfalls kann sich hierbei auch an die Dosis herangetastet werden, die individuell benötigt wird. Allerdings sollte so eine Dosisanpassung auch nur nach ärztlicher Rücksprache erfolgen, um eine Überdosierung zu verhindern.
Empfohlen werden generell immer die Dosierungen, die auch in den Fachinformationen angegeben sind. Bei der Beratung kann die/der PTA darauf hinweisen, dass durch das höhere Körpergewicht eine verminderte Wirkung auftreten kann. Da allerdings das Wissen zu eventuell anderen Grunderkrankungen oder patientenindividuellen Gegebenheiten fehlt, sollte für den Fall der Dosisanpassung immer an die Ärztin oder den Arzt verwiesen werden.
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