ADHS: Falschdiagnosen durch Fehlinformationen auf TikTok
In den Sozialen Medien werden immer häufiger auch Gesundheitsthemen in den Blick genommen. Dass dabei jedoch Vorsicht geboten ist – Stichwort Falschinformationen – wurde unter anderem am Beispiel von Spironolacton zur Akne-Behandlung deutlich. Auch rund um die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) kursieren bei TikTok und Co. zahlreiche Videos. Fehlinformationen können dabei zu Falschdiagnosen führen, warnen Expert:innen.
Ein Team der University of British Columbia hat die 100 meistgesehenen Videos (rund 500 Millionen Aufrufe) zu ADHS auf TikTok analysiert, unter anderem im Hinblick auf ihre Genauigkeit und die Qualität der darin verbreiteten Inhalte. Das Ergebnis: Weniger als die Hälfte der Angaben zu den vorliegenden Symptomen stimmt tatsächlich mit den klinischen Leitlinien zur Diagnose von ADHS überein. Somit handelt es sich oftmals um Fehlinformationen, aus denen auch – meist selbst gestellte – Falschdiagnosen zu ADHS entstehen.
ADHS gehört zu den häufigsten psychischen Störungen, insbesondere bei Kindern und Jugendlichen. Dabei handelt es sich um eine Neurotransmitterstörung des Dopaminrezeptors. Kennzeichen sind Hyperaktivität, Unaufmerksamkeit und Impulsivität. Besteht die Erkrankung bis ins Erwachsenenalter fort, sind unter anderem Konzentrationsstörungen, innere Unruhe, Gefühlsschwankungen und eine erhöhten Risikobereitschaft Anzeichen dafür.
ADHS-Falschdiagnosen wegen Verallgemeinerungen?
„TikTok kann ein unglaubliches Instrument sein, um das Bewusstsein zu schärfen und Stigmatisierung abzubauen, hat aber auch eine Schattenseite“, heißt es von den Autor:innen. Denn: Die in den Videos geäußerten persönlichen Erfahrungen könnten zu Missverständnissen und Fehlinterpretationen über ADHS und psychische Gesundheit im Allgemeinen führen.
Der Grund: Hinweise darauf, dass entsprechende Beschwerden nicht unbedingt auf alle Menschen mit ADHS zutreffen oder auch ohne ADHS auftreten können, fehlen oftmals. Dadurch kann die Wahrnehmung der Zuschauer:innen – meist junge Erwachsene – beeinflusst werden, die aufgrund der Inhalte zu dem Schluss kommen, ebenfalls an ADHS zu leiden, weil sie ähnliche Beschwerden aufweisen. Konkret wurde in der Untersuchung deutlich: Je mehr ADHS-bezogene TikTok-Inhalte Nutzer:innen konsumieren, desto stärker werden die Prävalenz und der Schweregrad von Symptomen überschätzt. Auch die empfohlenen Behandlungsoptionen sowie die Verniedlichung der Erkrankung sehen die Expert:innen kritisch.
Fehlendes Expertenwissen
Hinzukommt die Gefahr der ungefilterten Verbreitung der Fehlinformationen und damit auch möglicher Falschinformationen. Denn obwohl die Zuverlässigkeit der Videos oftmals nicht gesichert ist, werden diese häufig weiterempfohlen. So wurden die 100 Top-Videos zunächst durch klinische Psychologen überprüft und „gerankt“, wobei 52 Prozent als „irreführend“ bewertet wurden. Anschließend sollten Studierende die jeweils fünf am besten und am schlechtesten eingestuften Videos anschauen und selbst bewerten. Dabei zeigten sich klare Abweichungen. Während die Expert:innen die zuverlässigeren Videos deutlich besser bewerteten als die Laien, war es bei den unzuverlässigeren Videos genau andersherum. „Dies lässt darauf schließen, dass Fehlinformationen möglicherweise unbemerkt durchsickern, ohne dass die meisten jungen Menschen dies bemerken“, so die Warnung.
Um dies zu verhindern, nehmen die Autor:innen auch das Fachpersonal in die Pflicht. Dieses könnte durch das Verbreiten valider Inhalte einen wichtigen Beitrag leisten, Falschdiagnosen durch Fehlinformationen zu ADHS zu verringern.
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