Mehr als acht Millionen Menschen leben hierzulande inzwischen vegetarisch. Hinzukommt eine steigende Zahl von Veganer:innen. Verschiedene Ersatzprodukte machen den veganen Lifestyle immer beliebter und einfacher. Eine entscheidende Rolle spielt dabei Soja. Doch beim Verzehr ist Vorsicht geboten. Denn es drohen Wechselwirkungen zwischen Soja und einigen Arzneimitteln. Wir frischen dein Beratungswissen auf.
Ob Tofu, veganes Schnitzel oder Milchersatz: Die Sojabohne liefert eine wichtige Grundlage für eine rein pflanzliche Ernährung. Sie enthält neben zahlreichen Mineralstoffen und einem hohen Proteingehalt auch Isoflavone. Diese gehören zu den Phytoöstrogenen, die in ihrer chemischen Struktur dem menschlichen Östrogen ähneln und im Verdacht stehen, den Hormonstatus zu beeinflussen. Denn sie binden ebenfalls an Östrogenrezeptoren und können sowohl östrogenartige als auch antiöstrogene Wirkungen entfalten. Doch damit nicht genug. Denn in Kombination mit verschiedenen Arzneimitteln drohen bei Soja unerwünschte Wechselwirkungen. Hier kommen einige Beispiele:
Levothyroxin: Unter einer Soja-haltigen Ernährung kann die L-Thyroxin-Resorption aus dem Darm gestört werden. Der Grund: Soja vermindert die Aufnahme des Schilddrüsenhormons Thyroxin (T4), dem L-Thyroxin entspricht. Somit wird die Wirkung von L-Thyroxin abgemildert, sodass laut Fachinformation eine ungewöhnlich hohe Dosis notwendig sein kann, um normale Serumspiegel von T4 und TSH zu erzielen.
Tamoxifen kommt hauptsächlich bei Brustkrebspatient:innen zum Einsatz und gehört zu den Arzneimitteln, bei denen in Kombination mit Soja Vorsicht geboten ist. Denn Tamoxifen hemmt kompetitiv die Bindung von Östrogenen an zytoplasmatische Hormonrezeptoren, wodurch die Zellteilung in östrogenabhängigen Geweben abnimmt. In der Fachinformation wird derzeit vor östrogen-haltigen Präparaten wie der Pille gewarnt, unter denen es mit Tamoxifen zu einer gegenseitigen Wirkungsminderung kommen kann. Auch eine Kombination mit Soja kann dazu führen, so die Befürchtung. Studiendaten am Menschen fehlen jedoch bisher. Fachgesellschaften wie das Deutsche Krebsforschungszentrum halten eine moderate Menge von bis zu zwei Portionen Soja-haltiger Lebensmittel pro Tag – entspricht etwa 25 bis 50 mg Soja – bei Brustkrebspatient:innen jedoch für unbedenklich, und das gilt auch unter einer Tamoxifen-Behandlung.
Warfarin ist ein indirekter Vitamin-K-Antagonist, der die Bildung der Vitamin K-abhängigen Gerinnungsfaktoren hemmt. Daher droht laut Fachinformation vor allem in Kombination mit Vitamin K-haltigen Lebensmitteln ein Wirkverlust. Da Sojaprodukte wie Sojamehl mitunter einen hohen Vitamin K-Gehalt aufweisen, ist bei der Kombi aus Warfarin-haltigen Arzneimitteln mit Soja Vorsicht geboten.
Valproinsäure/Valproat gehört zu den Wirkstoffen, bei denen Wechselwirkungen mit Soja drohen. Genauer sollen Sojazubereitung ähnlich wie östrogen-haltige Präparate die Plasmakonzentration des Antiepileptikums und somit die Wirksamkeit laut Tierstudien senken können.
Die Frage nach einer veganen, vegetarischen oder generell Soja-reichen Ernährung sollte bei der Beratung nicht zu kurz kommen, insbesondere unter Einnahme der genannten Wirkstoffe/Arzneimittel sowie wenn Patient:innen im Zuge dessen über unerwünschte Wirkungen berichten.
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