Computer sagt: eine Packung. Regal sagt: keine Packung. Fehlbestände gehören in Apotheken zum Alltag. Die Ursachen können vielfältig sein und reichen von einem Zahlendreher beim Wareneingang über falsch verräumte Packungen bis hin zum Diebstahl. Nicht nur unter den Kund:innen, sondern auch im Team kann es schwarze Schafe geben. Dürfen Chef:innen eine Taschenkontrolle der Angestellten anordnen?
Kommt es zu Auffälligkeiten bei der Apothekeninventur oder Differenzen in der Warenwirtschaft, können auch die Mitarbeiter:innen ins Visier geraten. Hegen Chef:innen einen Verdacht gegen eine/n Kolleg:in oder besteht ein generelles Misstrauen, ist unter Umständen Kontrolle angesagt. Wollen Arbeitgeber:innen die Tasche der Angestellten im Betrieb durchsuchen, wird in das grundrechtlich geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht der/des Beschäftigten eingegriffen, schreibt der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB).
Eine Taschenkontrolle kann laut DGB gleich für verschiedene Probleme sorgen. Zum einen wird in die Privatsphäre der Arbeitnehmenden eingegriffen und zum anderen werde das Ehrgefühl des/der Mitarbeitenden angegriffen – schließlich bringen Chef:innen so zum Ausdruck, dass sie den eigenen Angestellten nicht vollumfänglich vertrauen.
Taschenkontrolle nur mit Einwilligung
Ein Blick in die Handtasche oder den Rucksack – die private Tasche – ist nur mit der Einwilligung der/des Beschäftigen erlaubt, erklärt der DGB. „Arbeitsverträge, die eine generelle Einwilligung zu Taschenkontrollen enthalten, sind in der Regel unwirksam.“
Stimmen Angestellte einer Taschenkontrolle nicht zu, darf dies keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen haben und die Verweigerung auch nicht als Verdachtsmoment auf eine Straftat gewertet werden. Mehr noch: „Sogar bei einem konkreten Verdacht gegen einen Beschäftigten (Diebesgut ragt aus einer Tasche), darf der Arbeitgeber diesen nicht gegen dessen Willen durchsuchen, sondern muss die Polizei rufen.“
Kontrollieren Chef:innen trotzdem Tasche oder den Spind und werden fündig, können die heimlich beschafften Beweise in einem Prozess unter Umständen nicht verwertbar sein, nämlich dann, wenn die Beschaffung mit dem Persönlichkeitsrecht des/der Betroffenen nicht vereinbar ist und ein milderes Mittel hätte Anwendung finden können.
Gibt es in der Apotheke einen Betriebsrat, können auf Basis einer Betriebsvereinbarung Taschen- und Türkontrollen erlaubt sein, so der DGB. Im Falle einer Taschenkontrolle sei darauf zu achten, dass die Durchsuchung verhältnismäßig ist und das Ehrgefühl des/der Beschäftigten nicht verletzt wird. Ob und wessen Tasche kontrolliert wird, sollte nach dem Zufallsprinzip erfolgen. Denkbar wäre beispielsweise ein Buzzer mit Lichtsignal am Ausgang. So könnte das Licht grün (keine Kontrolle) oder rot (Kontrolle) nach dem Zufallsprinzip leuchten. So würden stichprobenartige Kontrollen stattfinden und die Auswahl der betroffenen Angestellten wäre neutral.
Achtung: „Leibesvisitationen sind dagegen unverhältnismäßig und nicht erlaubt. Deshalb darf nur in die Taschen, nicht aber in oder unter die Kleidung geschaut werden“, stellt der DGB klar.
Häufen sich Diebstähle im Unternehmen, können Arbeitnehmende im Einzelfall zur Duldung einer Kontrolle verpflichtet sein.
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