Kompetenzerweiterung für PTA gefährdet Patientensicherheit: Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) spricht sich zwar für eine PTA-Reform aus, jedoch sind die vorgesehenen erweiterten Kompetenzen der Standesvertretung ein Dorn im Auge. Die ABDA spricht sich vehement gegen eine Lockerung der Aufsichtspflicht des Apothekers aus. Sogar bei der Abgabe von Notfallkontrazeptiva, dürfe der Apothekenleiter nicht auf die Aufsicht verzichten.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will mit der PTA-Reform die PTA-Ausbildung moderner gestalten und auf einen angemessenen Stand bringen. Ziel ist es, die PTA besser auf ihre verantwortungsvolle Aufgabe in der Apotheke vorzubereiten. So sollen PTA mehr Kompetenzen erhalten, weil der Apothekeninhaber unter bestimmten Voraussetzungen ganz oder teilweise auf die Beaufsichtigung der PTA verzichten (§ 17 Absatz 6 Satz 4 Apothekenbetriebsordnung neu). Dies ist vom Apothekenleiter schriftlich oder elektronisch festzulegen. Dabei muss auch definiert werden, in welchen Fällen ein Apotheker hinzuzuziehen ist.
Das sind die Voraussetzungen:
PTA, die bereits eine dreijährige Berufserfahrung vorweisen, mindestens seit einem Jahr in der Apotheke angestellt sind und die staatliche Prüfung mit dem Gesamtergebnis „gut“ absolviert hat. Kann die PTA regelmäßige Fortbildungen vorweisen, behält sie ihren Status.
Die ABDA bezweifelt jedoch, dass die Prüfungsleistungen der einzelnen Länder gleichzusetzen sind: Es besteht der „Zweifel, dass die Prüfungsleistungen länder- und/oder schulübergreifend tatsächlich gleichwertig sein werden, da ein bundeseinheitlicher Lehrplan beziehungsweise Prüfungsstoffkatalog nicht vorgegeben wird.“
PTA mit schlechterem Abschluss müssen zwei Jahre Berufserfahrung mehr vorweisen und die Ausweitung der Kompetenzen ist limitiert. Ausgenommen sind unter anderem die Sterilherstellung, die Abgabe von Betäubungsmitteln oder teratogenen Stoffen sowie Einzelimporten.
Kompetenzgerangel: PTA sind eben keine Apotheker
Aus „Gründen der Arzneimittelsicherheit und damit der Patientensicherheit“ lehnt die ABDA den möglichen Verzicht auf die Beaufsichtigung der PTA ab. „Weder der Abschluss der staatlichen Prüfung als PTA noch zuzügliche Berufserfahrung in Verbindung mit dem Nachweis regelmäßiger Fortbildung führen zu einem fachlichen Kompetenzniveau, das eine kritische Überprüfung der Abgabe der Arzneimittel durch einen Apotheker mit fünfjähriger Ausbildung, davon vier Jahre naturwissenschaftlicher Ausbildung an der Universität, entbehrlich macht“, schreibt die ABDA in ihrer Stellungnahme.
Die Abgabe von Arzneimitteln aufgrund einer ärztlichen Verschreibung „in eigener Verantwortung“ ist eine Tätigkeit, die verantwortlich dem Apotheker vorbehalten ist, heißt es in der Stellungnahme der ABDA. „De facto würden somit Apotheker und PTA hinsichtlich ihrer Verantwortung bei der Ausübung bestimmter pharmazeutischer Tätigkeiten gleichgestellt.“ Außerdem könne der Apothekenleiter seiner Verpflichtung (der Apothekenleiter ist zur persönlichen Leitung der Apotheke „in eigener Verantwortung“ verpflichtet) nicht mehr gerecht werden, wenn PTA „in eigener Verantwortung“ Entscheidungen treffen. Und zwar ohne dass der Apothekenleiter oder ein Apotheker die Möglichkeit hat, korrigierend einzugreifen.
Problem Botendienst
Ein weiteres Problem des Verzichtes auf die Vorlage von Verschreibungen sieht die Standesvertretung auch vor dem Hintergrund der geplanten Ausweitung des. „Die angedachte Kompetenzerweiterung für PTA bekäme hierdurch eine über die reine Tätigkeit in den Betriebsräumen hinausgehende Auswirkung.“ Das Problem: Die Prüfung einer Verschreibung müsste dann nicht mehr zwingend in der Apotheke erfolgen, sondern könnte auch abschließend beim Patienten vor Ort vorgenommen werden. Rezepte, die nicht zu Abrechnungszwecken in der Apotheke benötigt werden, würden auf diese Weise nie in die Betriebsräume gelangen und damit jeglicher Nachprüfungsmöglichkeit entzogen.
Pille danach: Nur unter Aufsicht
Aus Sicht der ABDA ist es nötig, Tätigkeiten aufzunehmen, bei denen der Apothekenleiter nicht auf die Aufsicht verzichten darf. Diese sind:
- Abgabe von Arzneimitteln zur Notfallkontrazeption
- Abgabe von Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Acitretin, Alitretinoin und Isotretinoin
- Abgabe von Arzneimittel im Rahmen des Versandes (§ 17 Absatz 2a ApBetrO (Botendienst))
- Abgabe verschreibungspflichtiger Tierarzneimittel
- patientenindividuelles Stellen oder Verblistern von Arzneimitteln.
Die Forderung begründet die ABDA wie folgt: „Diese Tätigkeiten sind unseres Erachtens mit einer ebenso hohen Verantwortung verbunden beziehungsweise setzen eine besondere fachlich-wissenschaftliche Kompetenz voraus wie die bereits im Gesetzesentwurf genannten und vom Verzicht auf die Aufsicht ausgenommenen Tätigkeiten.“
Die ABDA lehnt rigoros die Regelung ab, dass PTA ärztliche Verschreibungen abzeichnen können, ohne dass eine Vorlagepflicht besteht. § 17 Absatz 6 Satz 4 (neu) ApBetrO ist „ersatzlos zu streichen“.
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