Wegen unlauterer Werbung für Bio-H-Tin (Dr. Pfleger) ist der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) gegen den Hersteller vor Gericht gegangen – und bekam Recht. Dr. Pfleger reagiert.
Nahrungsergänzungsmittel erfreuen sich in den Apotheken weiterhin großer Beliebtheit und Nutzer:innen erhoffen sich dadurch verschiedene positive Effekte. Bei der Bewerbung entsprechender Präparate ist jedoch Vorsicht geboten. Denn gesundheitsbezogene Aussagen sind dabei in der Regel tabu, wie ein aktuelles Urteil zu einer unzulässigen Werbung für Bio-H-Tin zeigt.
Konkret ging es unter anderem um die Aussage „11 Prozent mehr Haare in nur 16 Wochen“, mit der das Produkt Bio-H-Tin Hair Essentials im Rahmen einer Zeitungsannonce beworben wurde. Außerdem hieß es in der Werbung, die in einer Frauenzeitschrift erschienen ist: „Damit dünner werdendes und kraftloses Haar nicht zur Sorge wird: Bio-H-Tin unterstützt die Grundversorgung der Haarwurzel und somit das gesunde Haarwachstum von innen heraus.“
Die Verbraucherschützer:innen sahen darin eine irreführende Werbung. Genau handele es sich ihrer Auffassung nach um einen Verstoß gegen die Health-Claims-Verordnung der Europäischen Union, weil nicht nur mit kosmetischen, sondern mit gesundheitsbezogenen Aussagen geworben wurde, die nicht von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) zugelassen waren. Dem stimmte das Landgericht Bamberg zu und untersagte Dr. Pfleger die Nutzung entsprechender Werbeaussagen bei Bio-H-Tin.
„Mehr Haare“ und Co.: Unzulässige Werbung für Bio-H-Tin
Demnach seien die genannten Claims gesundheitsbezogen und für Verbraucher:innen so zu verstehen, dass die Einnahme des Produkts die Struktur der Haare durch Einwirkung auf deren Wurzeln verbessere und es im Ergebnis zu einer Steigerung des Haarwuchses und daher der Haarmenge und -fülle komme. Folglich werde ein kausaler Zusammenhang zwischen einem gesunden Haarwachstum und der Anwendung der Kapseln hergestellt, was jedoch unzulässig sei, so die Richter:innen. „,Gesundheitsbezogen‘ ist eine Angabe, wenn mit ihr erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Zusammenhang zwischen einer Lebensmittelkategorie, einem Lebensmittel oder einem seiner Bestandteile einerseits und der Gesundheit andererseits besteht“, heißt es zur Erklärung im Urteil.
Zudem sei nach derzeitigem Stand lediglich anerkannt, dass einige Inhaltsstoffe, darunter Biotin, Zink und Selen einen Beitrag „zur Erhaltung normaler Haare“ leisten können. Eine Grundlage für die versprochene Wachstumsrate innerhalb einer konkreten Zeitspanne fehle zudem. Doch damit nicht genug, denn das Gericht betrachtet die Werbung außerdem als irreführend, weil Verbraucher:innen damit der Eindruck vermittelt werde, dass allein die Anwendung der Kapseln das Haarvolumen steigere, was jedoch nicht gewährleistet sei.
Dr. Pfleger reagiert: Claims werden angepasst
Dr. Pfleger bezieht Stellung und betont: „Zu keiner Zeit ist die Produktqualität unseres Bio-H-Tin Portfolios beanstandet worden.“ In Bezug auf das Urteil stellt der Hersteller außerdem klar: „Wir unterlassen es, mit folgenden Aussagen zu werben bzw. werben zu lassen:
a) Damit dünner werdendes und kraftloses Haar nicht zur Sorge wird: BIO-H-TIN unterstützt die Grundversorgung der Haarwurzel und somit das gesunde Haarwachstum von innen heraus
und / oder
b) 11% mehr Haare in nur 16 Wochen.“
Die jeweiligen Aussagen finden sich in Packungsbeilagen und Patientenbroschüren, die entsprechend überarbeitet werden. Im Zuge dessen komme es dazu, dass einige Produkte aus dem Bio-H-Tin Sortiment vorübergehend nur über den Großhandel verfügbar seien. Bereits ab Mitte Juni sollen die Produkte jedoch wieder vollumfämglich lieferfähig sein.
Auch abgesehen vom Urteil zu Bio-H-Tin Hair Essentials wird der Hersteller aktiv: „Im Zusammenhang mit einem Urteil des Oberlandesgerichts München vom 21.12.2023, in dem es um die Verwendung von Aussagen für Nahrungsergänzungsmitteln geht, haben wir als Dr. Pfleger entschieden, bestimmte Claims an die jüngste Rechtsprechung anzupassen.“
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