Knapp jede/r zweite Angestellte hierzulande hat Tarifbindung, während es im Jahr 2000 noch mehr als zwei Drittel waren. Ohne Tarifvertrag müssen Beschäftigte pro Jahr rund eine Woche Mehrarbeit leisten und erhalten dafür ein Monatsgehalt weniger als tarifgebundene Angestellte.
Noch immer dauern die Verhandlungen zu den neuen Tarifverträgen für Apothekenmitarbeitende an, denn bisher konnten die Arbeitgeberseite und die Adexa keine Einigung erzielen. Bis es so weit ist, gelten die Regelungen der alten Verträge unverändert weiter – aber nur für diejenigen mit Tarifbindung. Doch jede/r fünfte PTA ist laut einer aposcope-Befragung nicht nach Tarifvertrag beschäftigt.
Generell haben Angestellte ohne Tarifbindung hierzulande im Vergleich zu Tarifbeschäftigen oft das Nachsehen, und zwar in puncto Gehalt, Urlaub, Arbeitszeit und Co. Neue Zahlen der Hans-Böckler-Stiftung zeigten, dass für Beschäftigte ohne Tarifvertrag auf das Jahr gesehen eine Woche Mehrarbeit entsteht und ein volles Monatsgehalt fehlt.
Ohne Tarifvertrag: Mehrarbeit und weniger Gehalt
Für eine aktuelle Analyse zur „Tarifbindung in den Bundesländern“ hat das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung Daten aus dem repräsentativen IAB-Betriebspanel in Bezug auf Unterschiede zwischen tarifgebundenen und tariflosen Beschäftigten untersucht. Das Ergebnis: Verglichen mit Beschäftigten in ähnlichen Betrieben, die nach Tarifvertrag angestellt sind, arbeiten tariflose Mitarbeiter:innen pro Woche im Schnitt 53 Minuten länger – 39,5 Stunden anstelle von 38,6 Stunden. Und das bei deutlich weniger Gehalt. Konkret zeigt sich eine Lücke von rund 10 Prozent beziehungsweise oftmals mehreren Hundert Euro pro Monat. Hochgerechnet auf das Jahr ergibt sich daraus für Arbeitnehmende ohne Tarifvertrag etwa eine Woche Mehrarbeit bei einem Monatsgehalt weniger.
Größte Lohnunterschiede im Osten
Am deutlichsten werden die Lohnunterschiede weiterhin im Osten Deutschlands, wo Angestellte ohne Tarifvertrag in einigen Bundesländern wie Brandenburg und Sachsen bis zu 15 Prozent weniger verdienen als Beschäftigte in vergleichbaren Betrieben mit Tarifbindung. Zugleich gehört Brandenburg neben Mecklenburg-Vorpommern zu den Schlusslichtern bei der Quote der Tarifbindung. Denn nur rund vier von zehn Beschäftigten sind in beiden Bundesländern mit Tarifvertrag angestellt.
Baden-Württemberg: 83 Minuten Mehrarbeit pro Woche
Demgegenüber weist Rheinland-Pfalz (54 Prozent) den höchsten Anteil an Tarifbeschäftigten auf. Das gleiche gilt für Baden-Württemberg. Dort zeigt sich jedoch der deutlichste Unterschied bei der Arbeitszeit zwischen tarifgebundenen und tariflosen Mitabeiter:innen. Letztere arbeiten im Bundesland regulär durchschnittlich 83 Minuten pro Woche länger.
Übrigens: Bis November 2024 muss die Bundesregierung folglich entsprechende Aktionspläne vorlegen, um die Tarifbindungsquote zu erhöhen. So regelt es die europäische Mindestlohnrichtlinie (EU) 2022/2041 für alle Mitgliedsstaaten mit einer Tarifbindung von unter 80 Prozent.
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