Der Bundesrat hat den Weg für eine teilweise Legalisierung von Cannabis in Deutschland freigemacht. Die Länderkammer ließ am Freitag ein vom Bundestag beschlossenes Gesetz passieren, mit dem Besitz und Anbau der Droge zum 1. April für Volljährige mit Vorgaben erlaubt werden. Der Weg für die teilweise Legalisierung von Cannabis in Deutschland ist nach jahrzehntelangen Diskussionen frei. Der Bundesrat ließ das vom Bundestag beschlossene Gesetz passieren, mit dem zum 1. April Besitz und Anbau der Droge für Volljährige mit zahlreichen Vorgaben für den Eigenkonsum erlaubt werden. Trotz vieler Kritikpunkte gab es keine Mehrheit dafür, das Gesetz in den Vermittlungsausschuss mit dem Parlament zu schicken und so vorerst auszubremsen. Die Mehrheit der Länder hatten sich bei der Abstimmung enthalten, die Stimme Sachsens wurde als ungültig erklärt, weil das Land nicht eindeutig abgestimmt hatte.
Dass das Gesetz die letzte Hürde nimmt, war bis kurz vor der Sitzung ungewiss gewesen. Drei Ausschüsse der Länderkammer hatten die Anrufung des Vermittlungsausschusses empfohlen. Der federführende Gesundheitsausschuss schlug vor, das Inkrafttreten des auf den 1. Oktober zu verschieben. Die Bundesregierung hatte einige Kritikpunkte aufgenommen, um ein Vermittlungsverfahren abzuwenden. In einer Erklärung, die im Bundesrat zu Protokoll gegeben wird, sicherte sie mehr Unterstützung bei Aufklärung und Vorbeugung vor allem für Kinder und Jugendliche sowie flexiblere Umsetzungsregeln zu. Dafür sollen nun noch vor dem 1. Juli einige nachträgliche Änderungen am Gesetz umgesetzt werden.
Lauterbach nennt Entscheidung richtungsweisend
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat den Beschluss zur Teil-Legalisierung von Cannabis als richtungsweisende Entscheidung bezeichnet. „Die Cannabis-Politik der letzten zehn Jahre ist gescheitert“, sagte der SPD-Politiker am Freitag nach der Bundesratsabstimmung in Berlin. Lauterbach führte eine Verdoppelung des Konsums bei Kindern und Jugendlichen an, eine Verdopplung der Zahl der Drogentoten. Zudem werde der Schwarzmarkt immer größer. „So konnte es nicht weitergehen. Ich war jahrelang auch gegen eine Cannabis-Legalisierung, aber die Studienlage zeigt, wir brauchen hier ein neues Angebot“, so Lauterbach.
Der SPD-Politiker sagte, er rechne damit, dass 75 Prozent des Schwarzmarktes zurückgedrängt werden könne. Zu Warnungen aus Sachsen und Bayern, mit der Legalisierung werde die Büchse der Pandora geöffnet, sagte Lauterbach: „Die Büchse der Pandora ist weit offen, und mit dieser Maßnahme heute, dass wir den Schwarzmarkt bekämpfen, versuchen wir, die Büchse der Pandora zu schließen.“
Gerlach spricht von „bitterer Niederlage“
Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach hat das Scheitern der Einberufung eines Vermittlungsausschusses zum Cannabis-Gesetz kritisiert. Gerlach betonte am Rande der Sitzung: „Leider ist es nicht gelungen, die gefährlichen Cannabis-Pläne der Bundesregierung zu stoppen. Das ist vor allem eine bittere Niederlage für den Kinder- und Jugendschutz in Deutschland.“ Bundesgesundheitsminister Lauterbach habe sich über die Bedenken von Ärzten und anderen Experten hinweggesetzt und sein Vorhaben durchgedrückt. „Jetzt bleibt nur noch die Hoffnung, dass der Bundespräsident dieses Gesetz nicht unterzeichnet“, so Gerlach.
Stimme Sachsens ungültig
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) sagte, bei dem Gesetz könne es nicht um Parteipolitik gehen. Diese Frage sei so zentral und so persönlich, „dass für mich klar war, ich werde einer Legalisierung von Drogen unter keinen Umständen zustimmen, auch wenn das Ärger in meiner sächsischen Koalition gibt.“ Vize-Ministerpräsident Martin Dulig (SPD) äußerte sich gegen eine Anrufung des Vermittlungsausschusses. Bei der Abstimmung votierte Sachsen dann uneinheitlich, die Stimme wurde daher als ungültig erklärt.
Legalisierung ab 1. April
Die Zäsur in der Drogenpolitik kann damit in wenigen Tagen am Ostermontag in Kraft treten. Das Gesetz muss zuvor noch amtlich verkündet werden, wenn Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier es unterzeichnet hat. Legal sein soll für Erwachsene ab 18 Jahren grundsätzlich der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis zum Eigenkonsum. In der eigenen Wohnung sollen drei lebende Cannabispflanzen erlaubt sein und bis zu 50 Gramm Cannabis zum Eigenkonsum. Kiffen im öffentlichen Raum soll unter anderem in Schulen, Sportstätten und in Sichtweite davon verboten werden – konkret in 100 Metern Luftlinie um den Eingang.
Erlaubt werden mit dem Gesetz auch nicht-kommerzielle „Anbauvereinigungen“ für Volljährige, in denen bis zu 500 Mitglieder mit Wohnsitz im Inland Cannabis gemeinschaftlich anbauen und untereinander zum Eigenkonsum abgeben – im Monat höchstens 50 Gramm je Mitglied. Spätestens 18 Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes soll eine erste Bewertung auch dazu vorgelegt werden, wie es sich auf den Kinder- und Jugendschutz auswirkt.
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