Die Hilfstaxe hat ihre Gültigkeit verloren und Ärger war vorprogrammiert. Denn die Kassen machten klar, nicht den Preis der kompletten Packungen zahlen zu wollen. Das war schon zur Kündigung der Hilfstaxe ein Thema, und zwar, wenn es um die Abrechnung von Fertigarzneimitteln ging. Das Landessozialgericht NRW hat jetzt ein Urteil im Streit einer Apotheke aus Westfalen-Lippe mit der AOK Nord/West gesprochen. Die Kasse muss die ganze Packung bezahlen.
Wird eine Rezeptur hergestellt und wird ein Fertigarzneimittel verarbeitet, kann die kleinstmögliche Packung, die für die Anfertigung benötigt wird, bei der Kasse abgerechnet werden – komplett und nicht anteilig. Auch dann nicht, wenn nur ein Teil der Packung verwendet wird. Das sah die AOK Nord/West anders. Die teilt die Auffassung, dass nur die tatsächlich verwendete Menge in Rechnung gestellt werden darf.
Abrechnung nach § 5 AMPreisV
Grundlage für den Streitfall ist § 5 Absatz 2 Arzneimittelpreisverordnung. Bei der Herstellung einer Rezeptur kann gemäß § 5 AMPreisV ein Festzuschlag von 90 Prozent auf die Apothekeneinkaufspreise ohne Umsatzsteuer für Stoffe und erforderliche Verpackung, ein Rezepturzuschlag, ein Festzuschlag von 8,35 Euro (Ausnahme parenterale Zubereitungen) sowie die Umsatzsteuer erhoben werden. „Auszugehen ist von den Apothekeneinkaufspreisen der für die Zubereitung erforderlichen Mengen an Stoffen und Fertigarzneimitteln.“ Maßgebend ist bei Stoffen der Einkaufspreis der üblichen Abpackung und bei Fertigarzneimitteln der Einkaufspreis der erforderlichen Packungsgröße, höchstens jedoch der Apothekeneinkaufspreis, der für Fertigarzneimittel bei Abgabe in öffentlichen Apotheken gilt.
Kasse muss ganze Packung zahlen
Im Streitfall ging es um eine Retaxation aus dem Jahr 2018 im Wert von insgesamt 112,06 Euro. Das Gericht teilt die Auffassung der Kasse nicht und widerspricht. Die Kasse muss für die komplette Packung aufkommen. Das Gericht fand die Argumentation der AOK, dass nur der anteilige Einkaufspreis zu berechnen sei, im Wortlaut nicht wieder, heißt es in der mündlichen Begründung. Somit folgt das Landessozialgericht mit seiner Entscheidung einem erstinstanzlichen Urteil des Sozialgerichts Münster vom November 2021.
„Dieses Urteil ist ein weiterer Schritt dahin, dass Apotheken vor Ort Klarheit in Abrechnungsfragen bekommen. Es trägt der Lebenswirklichkeit in den Apotheken Rechnung, die unmöglich für die Versicherten von 96 verschiedenen Krankenkassen angebrochene Arzneimittelpackungen, gekühlt und ungekühlt lagern können. Es sichert die Qualität der Patientenversorgung, wenn Monate alte Anbrüche nicht weiter verwendet werden müssen“, so Thomas Rochell, Vorsitzender des Apothekerverbandes Westfalen-Lippe. Das Urteil verhindere, dass Rezepturen unwirtschaftlich werden und Anbrüche ohne Erstattung verfallen.
Die schriftliche Urteilsbegründung liegt noch nicht vor. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig und die Revision vor dem Bundessozialgericht zugelassen.
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