Insuline nur gekühlt aufbewahren? Diese Empfehlung liefern verschiedene Hersteller entsprechender Präparate, um einen Wirkverlust zu vermeiden. Doch auch ungekühlt sind Humaninsuline bis zu sechs Monate haltbar und unverändert wirksam, zeigen aktuelle Daten.
Humaninsuline sind aus der Diabetesbehandlung nicht mehr wegzudenken. Denn sie besitzen eine große strukturelle Ähnlichkeit zum körpereigenen Insulin, das in der Bauchspeicheldrüse gebildet wird und als einziges Hormon den Blutzuckerwert senken kann. Dieser Effekt ist auf eine verstärkte Aufnahme von Glukose in Muskel- und Fettzellen zurückzuführen. Außerdem wird die Glukose-Freisetzung aus der Leber gehemmt. Die Verabreichung erfolgt per subkutaner Injektion, dosiert wird in Internationalen Einheiten gemäß der jeweiligen blutzuckersenkenden Wirksamkeit.
In Sachen Lagerung gelten Humaninsuline jedoch als „Sensibelchen“. Denn sie sollten stets gekühlt – sprich im Kühlschrank bei 2 bis 8 Grad – aufbewahrt werden, um ihre Wirksamkeit nicht zu gefährden, so die Empfehlungen der Hersteller. Bei Raumtemperatur (15 bis 25 Grad) droht dagegen eine verkürzte Haltbarkeit von maximal einem Monat. Dabei handelt es sich jedoch offenbar um einen Mythos. Denn wie eine neue Datenanalyse zeigt, sind Humaninsuline auch ungekühlt bis zu sechs Monate unverändert wirksam.
Ungekühlt: Insuline sechs Monate bei Raumtemperatur haltbar
Forschende der Medizinischen Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf haben in einer Cochrane-Untersuchung Daten aus 17 verschiedenen Studien herangezogen, um herauszufinden, ob und wie stark die Lagerung von Insulinampullen, Insulinpatronen und Insulinpens außerhalb des Kühlschranks die Wirksamkeit vermindert. Außerdem wurden bisher unveröffentlichte Herstellerdaten von Eli Lilly und Novo Nordisk berücksichtigt.
„Für Humaninsulin liegen die Empfehlungen zur aktuellen Haltbarkeitsdauer bei der Verwendung zwischen 10 und 45 Tagen, und die maximale Anwendungstemperatur schwankt zwischen 25 und 37 Grad Celsius“, heißt es von den Autor:innen. Doch in ihrer Untersuchung zeigte sich ein anderes Ergebnis: Waren Ampullen und Patronen ungeöffnet und wurden bei Raumtemperaturen von bis zu 25 Grad aufbewahrt, änderte sich an ihrer Wirksamkeit nichts. Die kurz- und mittellangwirkenden Insuline waren demnach auch ungekühlt sechs Monate haltbar. Selbst bei Hitze – sprich Temperaturen von rund 37 Grad – ließ sich über zwei Monate kein Wirkverlust feststellen. Und auch starke Temperaturschwankungen konnten die Wirksamkeit innerhalb von drei Monaten nicht beeinflussen.
Die Forschenden fordern nun weitere, klinische Studien, unter anderem zum Einfluss von unterschiedlichen Lagerbedingungen, der Lagerung bei kälteren Temperaturen, möglichen bakteriellen Verunreinigungen bei geöffneten Fläschchen und zur Wirksamkeit von Mischinsulinen und Insulinpumpen.
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