Viele Arzneimittel gibt es in unterschiedlichen Darreichungsformen. Doch bei einigen führt an der parenteralen Verabreichung kein Weg vorbei. Forschende wollen nun eine Alternative zur Spritze entdeckt haben: die Arzneimittelgabe per Saugnapf.
Auf Spritzen würden die meisten Patient:innen am liebsten verzichten. Bei einigen Menschen löst allein der Gedanke daran regelrechte Angstzustände aus. Die Rede ist von einer Spritzenphobie. Die Folge: Die Sorge vor möglichen Begleiterscheinungen wie Schmerzen oder Ohnmacht kann die Behandlung beeinträchtigen. Doch einige Arzneimittel sollten vorrangig per Injektion verabreicht werden, darunter Antidiabetika. Der Grund: Die enthaltenen Wirkstoffe werden mitunter zu schnell im Verdauungstrakt abgebaut, um in den Blutkreislauf zu gelangen, wenn sie in Tablettenform eingenommen werden.
Nun haben Forschende eine neue Form der Arzneimittelgabe entwickelt, und zwar per Saugnapf statt als Spritze. „Dieser neue Ansatz könnte Millionen von Patienten und Patientinnen die mit Injektionen verbundenen Schmerzen und Ängste ersparen“, heißt es in einer Pressemitteilung der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich.
Saugnapf soll schmerzfreie Arzneimittelgabe ermöglichen
Angelehnt an die Saugnäpfe von Tintenfischen haben die Wissenschaftler:innen ein ähnliches Modell entwickelt, das im Mundraum von Patient:innen angelegt wird. Die Arzneimittelgabe erfolgt dabei direkt über den Saugnapf, sodass die entsprechenden Wirkstoffe über die Wangenschleimhaut aufgenommen werden und schneller ins Blut gelangen können, ohne zuvor zum Großteil abgebaut zu werden. Möglich macht dies eine Kombination aus einer Dehnung der Wangenschleimhaut und einem körpereigenen Wirkstoff, der die Zellmembranen auflockert und durchlässiger macht.
Und so funktioniert´s:
- Der knapp einen Zentimeter breite und sechs Millimeter hohe Saugnapf soll mit zwei Fingern an der Innenseite der Wange platziert und leicht angedrückt werden – der so entstehende Unterdruck ermöglicht ein Haften an der Schleimhaut.
- Im kuppelförmigen Hohlraum des Saugnapfes befindet sich die Wirkstoffformulierung, die über die Wangenschleimhaut abgegeben wird.
- Der Saugnapf wird für einige Minuten im Mund getragen, sodass der Speichel im Mund die enthaltenen Wirkstoffe auflösen und ins Blut transportieren kann.
Getestet wurde die Arzneimittelgabe per Saugnapf zunächst an Hunden, deren Wangenschleimhaut der des Menschen ähnelt. Anhand von Blutproben konnte beobachtet werden, dass die entsprechenden Wirkstoffe zuverlässig in die Blutbahn gelangten und demnach eine hohe Bioverfügbarkeit aufwiesen. Anschließend erfolgte ein zunächst wirkstofffreier Test an menschlichen Proband:innen. Der Großteil von ihnen gab dabei an, diese Darreichungsform gegenüber Spritzen künftig zu bevorzugen.
„Aufgrund ihrer Einfachheit und Modularität eignet sich diese Technologie potenziell für die Verabreichung eines breiten Spektrums von Wirkstoffen, die im Magen-Darm-Trakt schnell abgebaut oder schlecht absorbiert werden“, lautet das Fazit der Forschenden in der zugehörigen Studie zur Arzneimittelgabe per Saugnapf. Nun soll dieser an die gängigen pharmazeutischen Vorschriften angepasst, weiter getestet und anschließend marktreif gemacht werden.
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