Seit Herbst 2022 ist Ozempic (Semaglutid, Novo Nordisk) eingeschränkt verfügbar. Der Lieferengpass wird voraussichtlich auch noch den Rest des Jahres andauern. Um die Versorgung von Patient:innen mit Typ-2-Diabetes sicherstellen zu können, soll nur noch im Rahmen der zugelassenen Indikation verordnet werden. Denn das Arzneimittel wird Off-Label zur Gewichtsreduktion eingesetzt. Das sehen Apotheker:innen kritisch, wie die Apothekerkammer Nordrhein (AKNR) informiert.
Ozempic wird zur Behandlung von Erwachsenen mit unzureichend kontrolliertem Diabetes mellitus Typ 2 als Zusatz zu Diät und körperlicher Aktivität angewendet. Allerdings kommt das Arzneimittel häufig – ohne Zulassung – bei Übergewichtigen Off-Label zum Abnehmen zum Einsatz. Ein gefährlicher Trend und Internet-Hype, der die angespannte Versorgungslage anfeuert und die bestehende Therapie von Diabetiker:innen gefährdet.
„Wir sehen, dass übertrieben positiv und bisweilen recht einseitig über bestimmte Medikamente berichtet wird, die Semaglutid enthalten. Manchmal unter dem Motto: Spritze rein – schlanker sein“, ärgert sich Dr. Armin Hoffmann, Präsident der AKNR. „Das ist wieder mal ein gutes Beispiel für einen sehr bedenklichen Trend, Arzneimittel zu Lifestyle-Zwecken zu missbrauchen. Davor können wir aus unterschiedlichen Gründen nur warnen.“
Es wäre verheerend, wenn Typ-2-Diabetiker:innen demnächst nicht mehr mit dringend benötigten Medikamenten versorgt werden können, nur, weil jemand einem übertriebenen Schönheitsideal nachkommen möchte oder sich die Zeit für eine sinnvolle Umstellung des eigenen Lebensstils nicht nehmen möchte, so die Kammer. Mit Wegovy, das in der EU bereits seit Anfang 2022 eine entsprechende Zulassung hält, ist seit Kurzem ein Semaglutid-haltiges Arzneimittel zur Behandlung von Adipositas auf dem Markt.
Für Ozempic gilt: „Auf keinen Fall sollte ein Einsatz außerhalb der vorgesehenen Indikation erfolgen.“
Es ist nicht das erste Mal, dass ein Off-Label-Use – verursacht durch einen Internet-Trend – einen Lieferengpass verursacht. Zuletzt waren Elektrolyte über Monate Mangelware, weil die Mittel als Wunderwaffe gegen Hangover beworben wurden. Patient:innen, die die betroffenen Präparate zum Ausgleich eines Elektrolytverlustes bei Durchfallerkrankungen benötigten, gingen leer aus.
Die Kammer rät grundsätzlich davon ab, verschreibungspflichtige Medikamente als Lifestyle-Präparate anzusehen. „Wir sind Ärztinnen und Ärzten dankbar, dass sie ihrer Verantwortung gerecht werden – insbesondere bei der Verschreibung solcher Präparate. Denn anders als bei Elektrolyt-Mitteln handelt es sich bei Semaglutid um einen verschreibungspflichtigen Wirkstoff. Ohne Rezept vom Arzt kein Missbrauch. Darauf setzen wir“, erklärt der Kammerpräsident.
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