Wird von der Abgaberangfolge abgewichen, kommen die Sonder-PZN und der entsprechende Faktor auf das Rezept. Und auch ein handschriftlicher Vermerk ist Pflicht – aber nicht immer.
Ist ein Arzneimittel nicht lieferbar oder ist ein Austausch aus anderen Gründen nötig, muss dies auf dem Rezept vermerkt werden. Hier kommen die Sonder-PZN 02567024 und die Faktoren 1 bis 9 ins Spiel. Jeder Faktor steht dabei für einen Austauschgrund. Welcher Faktor wann zum Einsatz kommt, regelt die Technische Anlage 1 unter Punkt „4.10 Abweichende Abgabe nach Maßgabe der §§ 11 und 14 des Rahmenvertrages nach § 129 SGB V sowie weitere Abgabedokumentationen“.
Ordnungsgemäße Abgabe
Faktor 1: Abgabe nach Vorgaben des Rahmenvertrages
Nichtverfügbarkeit
Laut Definition gilt ein Arzneimittel als nicht lieferbar, wenn es in angemessener Zeit nicht beschafft werden kann. Um dies zu belegen, muss die Apotheke laut Rahmenvertrag zwei Defektbelege aus zwei Verfügbarkeitsanfragen vorweisen. Diese müssen entweder von zwei Großhändlern kommen oder bei Apotheken, die nur einen Großhändler haben, durch zwei Verfügbarkeitsanfragen in einem angemessenen Zeitabstand dokumentiert werden.
Aber Achtung: Apotheken müssen pro Rabattarzneimittel zwei Defektbelege dokumentieren und ebenso für jedes Arzneimittel entsprechend der Abgaberangfolge, das ebenfalls nicht lieferbar ist.
Bei den Ersatzkassen genügt ein Defektbeleg.
Faktor 2: Rabattarzneimittel ist nicht lieferbar
- eines der vier preisgünstigsten Arzneimittel oder im importrelevanten Markt Abgabe des verordneten Originals/Imports oder eines Arzneimittels, das nicht teurer ist, als das verordnete – Preisanker beachten (darf auch ohne Arztrücksprache überschritten werden, aber dann muss dies auf der Verordnung dokumentiert werden)
- Defektbelege aufbewahren
- kein zusätzlicher Vermerk nötig
Faktor 3: die vier preisgünstigsten Arzneimittel oder die preisgünstigen Importe sind nicht lieferbar
- nächstpreisgünstigstes lieferbares Arzneimittel abgeben oder im importrelevanten Markt Abgabe des verordneten Originals/Imports oder eines Arzneimittels, das nicht teurer ist, als das verordnete – Preisanker beachten (darf auch ohne Arztrücksprache überschritten werden, aber dann muss dies auf der Verordnung dokumentiert werden)
- Defektbelege aufbewahren
- kein zusätzlicher Vermerk nötig
Faktor 4: Rabattarzneimittel und die vier preisgünstigsten Arzneimittel oder Rabattarzneimittel und preisgünstige Importe sind nicht lieferbar
- nächstpreisgünstigstes lieferbares Arzneimittel abgeben oder im importrelevanten Markt Abgabe des verordneten Originals/Imports oder eines Arzneimittels, das nicht teurer ist, als das verordnete – Preisanker beachten (darf auch ohne Arztrücksprache überschritten werden, aber dann muss dies auf der Verordnung dokumentiert werden)
- Defektbelege aufbewahren
- kein zusätzlicher Vermerk nötig
Dringender Fall/Akutversorgung
Faktor 5: Rabattarzneimittel ist nicht in der Apotheke vorrätig und die Belieferung muss aufgrund eines dringenden Falls sofort erfolgen und kann nicht aufgeschoben werden
- Rabattarzneimittel nicht vorrätig: eines der vier preisgünstigsten Arzneimittel oder im importrelevanten Markt Abgabe des verordneten Originals/Imports oder eines Arzneimittels, das nicht teurer ist, als das verordnete – Preisanker beachten (darf auch ohne Arztrücksprache überschritten werden, aber dann muss dies auf der Verordnung dokumentiert werden)
- handschriftlicher Vermerk: Doku plus Datum plus Unterschrift
- Defektbeleg, wie er im Falle der Nichtverfügbarkeit (Faktor 2, 3 und 4) vorgeschrieben ist, ist bei der Akutversorgung nicht vorgeschrieben. Und auch von einem Nichtvorrätigkeitsbeleg ist keine Rede im Rahmenvertrag.
Faktor 6: Rabattarzneimittel und die vier preisgünstigsten Arzneimittel sind nicht in der Apotheke vorrätig und die Belieferung muss aufgrund eines dringenden Falls sofort erfolgen und kann nicht aufgeschoben werden oder das Rabattarzneimittel und die preisgünstigen Importe sind nicht in der Apotheke vorrätig und die Belieferung muss aufgrund eines dringenden Falls sofort erfolgen und kann nicht aufgeschoben werden
- nächstpreisgünstigstes lieferbares Arzneimittel abgeben oder im importrelevanten Markt Abgabe des verordneten Originals/Imports oder eines Arzneimittels, das nicht teurer ist, als das verordnete – Preisanker beachten (darf auch ohne Arztrücksprache überschritten werden, aber dann muss dies auf der Verordnung dokumentiert werden)
- handschriftlicher Vermerk: Doku plus Datum plus Unterschrift
- Defektbeleg, wie er im Falle der Nichtverfügbarkeit (Faktor 2, 3 und 4) vorgeschrieben ist, ist bei der Akutversorgung nicht vorgeschrieben. Und auch von einem Nichtvorrätigkeitsbeleg ist keine Rede im Rahmenvertrag.
Wunscharzneimittel
Faktor 7: Abgabe eines von dem/der Versicherten verlangten Arzneimittels, das ausgetauscht werden muss
- der/die Versicherte zahlt den vollen Preis des Arzneimittels und bekommt eine Rezeptkopie zur Abrechnung mit der Krankenkasse; Apotheke rechnet das Original ab und erhält eine Pauschale von 50 Cent.
sonstige Bedenken/pharmazeutische Bedenken
Faktor 8: gegen die Abgabe des Rabattarzneimittels liegen sonstige/pharmazeutische Bedenken vor
- eines der vier preisgünstigsten Arzneimittel oder im importrelevanten Markt Abgabe des verordneten Originals/Imports oder eines Arzneimittels, das nicht teurer ist, als das verordnete – Preisanker beachten (Überschreitung des Preisankers nur nach Arztrücksprache und entsprechender Doku)
- handschriftlicher Vermerk: Konkrete Doku plus Datum plus Unterschrift
Faktor 9: gegen die Abgabe des Rabattarzneimittels und die vier preisgünstigsten Arzneimittel liegen sonstige/pharmazeutische Bedenken vor oder gegen die Abgabe des Rabattarzneimittels und die preisgünstigen Importe liegen sonstige/pharmazeutische Bedenken vor
- Abgaberangfolge beachten und unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten aus den Arzneimitteln auswählen, gegen die keine Bedenken bestehen
- handschriftlicher Vermerk: Konkrete Doku plus Datum plus Unterschrift
Retaxsicherheit, wenn der Vermerk oder die Sonder-PZN fehlen
§ 6 Rahmenvertrag regelt den Zahlungs- und Lieferanspruch. Diesen verliert die Apotheke nicht, wenn es sich um einen unbedeutenden, insbesondere formalen Fehler handelt, der die Arzneimittelsicherheit und die Wirtschaftlichkeit der Versorgung nicht wesentlich tangiert. Eine Retax ist also ausgeschlossen. Und dazu gehören auch das Fehlen von Sonder-PZN oder handschriftlichem Vermerk. Bei Nichtverfügbarkeit, Akutversorgung/Notdienst oder pharmazeutischen Bedenken ist von einer Retax abzusehen, wenn entweder nur das zugehörige Sonderkennzeichen oder nur ein entsprechender Vermerk auf dem Rezept dokumentiert ist; fehlt beides, muss ein objektiver Nachweis im Beanstandungsverfahren erbracht werden.
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