Der Einsatz von Fluorchinolonen ist bereits seit 2019 eingeschränkt, nachdem in einer EU-weiten Überprüfung seltene, aber schwerwiegende Nebenwirkungen im Zusammenhang mit der Einnahme beobachtet wurden, darunter Sehnenschäden. Ende 2020 informierte ein Rote-Hand-Brief zudem über das Risiko von Herzklappenregurgitation und -insuffizienz. Nun warnt das Sicherheitskomitee der EMA (Pharmacovigilance Risk Assessment Committee, kurz PRAC) erneut vor dem Einsatz von Fluorchinolonen.
Denn eine Studie in sechs europäischen Ländern – darunter auch Deutschland – habe gezeigt, dass der Einsatz von Fluorchinolon-Antibiotika zwar zurückgegangen sei, die Arzneimittel jedoch weiterhin häufig außerhalb der empfohlenen Indikationen verschrieben werden. „Das PRAC erinnert die Angehörigen der Gesundheitsberufe daran, dass die Verwendung von Fluorchinolon-Antibiotika, die oral, durch Injektion oder Inhalation verabreicht werden, aufgrund des Risikos von behindernden, lang anhaltenden und möglicherweise irreversiblen Nebenwirkungen eingeschränkt ist“, heißt es in einer Mitteilung.
Nicht eingesetzt werden sollten Fluorchinolone bei:
- nicht-schwerwiegenden, selbstlimitierenden Infektionen
- nicht-bakteriellen Infektionen wie Prostatitis
- wiederkehrenden Infektionen der unteren Harnwege
- leichten oder mittelschweren bakteriellen Infektionen, bei denen andere antibakterielle Arzneimittel verwendet werden können
- einer vorbeugenden Behandlung gegen Reisedurchfall.
Fluorchinolone gehören zu den Breitbandantibiotika und wirken gegen grampositive und gramnegative Bakterien. Sie werden zur Behandlung von schweren Infektionen eingesetzt, wenn andere Antibiotika nicht geeignet sind. Hierzulande gehören Ciprofloxacin, Levofloxacin, Moxifloxacin und Ofloxacin zu den zugelassenen Fluorchinolonen.
EMA erinnert an Nebenwirkungen unter Fluorchinolonen
Die EMA wendet sich in einem Schreiben direkt an Angehörige der Gesundheitsberufe und appelliert, dass der Einsatz von Fluorchinolon-Antibiotika lediglich die letzte Wahl darstellen sollte, wenn es keine therapeutischen Alternativen gibt. Zuvor sollte außerdem eine sorgfältige Nutzen-Risiko-Abwägung erfolgen und Patient:innen auf die möglicherweise schwerwiegenden und langfristigen Nebenwirkungen hingewiesen werden. Dazu gehören:
- entzündete oder gerissene Sehnen
- Muskelschmerzen oder -schwäche
- Gelenkschmerzen oder -schwellungen
- Probleme beim Gehen
- brennende Schmerzen
- Müdigkeit
- Depressionen
- Gedächtnis-, Schlaf-, Seh- und Hörprobleme
- veränderter Geschmack und Geruch
Besondere Vorsicht sei demnach bei Personen geboten, die bereits Nebenwirkungen unter der Behandlung gezeigt haben sowie bei Älteren, Patient:innen mit eingeschränkter Nierenfunktion und Organtransplantierten, da das Risiko von Sehnenverletzungen bei ihnen erhöht sein kann. Außerdem warnen die Expert:innen vor möglichen Wechselwirkungen bei einer gleichzeitigen Behandlung mit Kortikosteroiden.
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