In der Apotheke stellst du nicht nur Individualrezepturen her und berätst zu verschiedenen Arzneimitteln, sondern du bist manchmal auch erste Anlaufstelle für Sorgen und Nöte, die Kund:innen dir anvertrauen. In einigen Fällen genügt jedoch schon ein Blick, um zu wissen, dass mit dem/der Gegenüber etwas nicht stimmt. Stichwort Misshandlung. Was ist bei einem Verdacht darauf zu tun?
Schätzungsweise eine Million Fälle von häuslicher Gewalt und Misshandlung gibt es hierzulande jedes Jahr. Da viele Vorfälle gar nicht erst gemeldet werden, ist die Dunkelziffer hoch. Betroffen sind überwiegend Frauen, doch auch Männer können zum Opfer werden. Mit verschiedenen Codewörtern wie „Maske-19“ können sich Betroffene in der Apotheke bemerkbar machen, um Hilfe zu bekommen. Doch nicht jedem/jeder sind diese bekannt und manchmal überwiegen Scham und Angst. Es sind also dein geschultes Auge und Fingerspitzengefühl gefragt. Dabei stellt sich jedoch die Frage, wie du vorgehst, wenn du bei einem/einer Kund:in den Verdacht auf eine Misshandlung hast.
Übrigens: Anzeichen für eine Misshandlung machen sich nicht nur körperlich – durch blaue Flecken und Co. – bemerkbar, sondern mitunter auch am Verhalten, beispielsweise wenn Kund:innen plötzlich extrem schreckhaft/ängstlich und zurückgezogen wirken.
Verdacht auf Misshandlung: So verhältst du dich richtig
Zunächst einmal gilt: Als Apothekenangestellte:r unterliegst du der Schweigepflicht. Das bedeutet, du darfst Kundeninformationen nicht einfach weitergeben, andernfalls droht dir laut Strafgesetzbuch (StGB) eine Geld- oder Freiheitsstrafe. Allerdings können Apothekenmitarbeiter:innen von der Schweigepflicht entbunden werden, wenn gemäß StGB ein sogenannter rechtfertigender Notstand vorliegt. Bei einem Verdacht auf Misshandlung kannst du also beispielsweise die Polizei verständigen, damit diese dem Fall nachgehen kann.
Zuvor solltest du jedoch versuchen, deinen Verdacht selbst zu verifizieren, indem du bei dem/der mutmaßlichen Betroffenen nachfragst. Taste dich dabei vorsichtig heran und bohre nicht zwanghaft nach, wenn der/die Gegenüber keine Antwort geben möchte. Bestätigt das Opfer deinen Verdacht auf Misshandlung sind Einfühlungsvermögen und Verständnis gefragt. Mache deutlich, dass die Gewalt ein No-Go ist und dass es zahlreiche Unterstützungsmöglichkeiten gibt.
Achtung: Setze den/die Betroffene nicht unter Druck, sich beispielsweise bei der Polizei zu melden, denn das sorgt für zusätzlichen Stress. Lass ihm/ihr dagegen Zeit, bis er/sie dazu bereit ist. Wichtig ist dabei der Hinweis auf professionelle Unterstützung, da deine eigenen Möglichkeiten – selbst wenn du wolltest – in dieser Situation begrenzt sind.
Das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“, das rund um die Uhr und in 18 Sprachen unter der Nummer 08000 116 016 erreichbar ist, soll einen Ausweg für Betroffene liefern, auf den auch in Apotheken aufmerksam gemacht werden kann. Parallel dazu gibt es auch ein Männer-Hilfetelefon (Telefonnummer 0800 1239900), das von Montag bis Donnerstag von 8 bis 20 Uhr und am Freitag von 8 bis 15 Uhr zur Verfügung steht.
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