Metamizol unterliegt hierzulande der Verschreibungspflicht und sollte eigentlich nicht im Rahmen der Selbstmedikation zum Einsatz kommen. Und doch wurde der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) ein Fall einer Agranulozytose unter Metamizol gemeldet.
Agranulozytose und hypotensive Reaktion gehören zu den bekannten schwerwiegenden Nebenwirkungen von Metamizol. Außerdem gab es Anfang des Jahres ein Update zum Risiko von möglichen Leberschäden unter Metamizol. Jetzt informiert die AkdÄ über Fälle einer Agranulozytose im Rahmen der Selbstmedikation.
Warum wird Metamizol eigenständig eingenommen?
Die Gründe sind verschieden, so kann das Arzneimittel beispielsweise in der Familie oder unter Freunden weitergegeben werden oder aber Restbestände angewendet werden, ohne erneut ärztlichen Rat einzuholen.
Metamizol ist ein nicht-opioides Pyrazolonderivat und besitzt analgetische, antipyretische und spasmolytische Eigenschaften. Der Wirkstoff kommt bei akuten starken Schmerzen nach Verletzungen oder Operationen, bei Koliken, Tumorschmerzen und sonstigen akuten oder chronisch starken Schmerzen zum Einsatz, wenn andere Behandlungsoptionen kontraindiziert sind. Außerdem wird Metamizol bei hohem Fieber angewendet, wenn andere Maßnahmen nicht ansprechen.
Agranulozytose nach Selbstmedikation mit Metamizol: Der Fall
Ein 37-Jähriger hatte aufgrund von Rückenschmerzen über einige Tage eigenständig – ohne ärztlichen Rat – Metamizol eingenommen. Wie lange und in welcher Menge, ist nicht genau bekannt. Der sonst gesunde Patient suchte dann aufgrund von Halsschmerzen und starken Schluckbeschwerden eine HNO-Klinik auf. Dort wurden eine ausgeprägte Leukopenie (200/µl) sowie ein Peritonsillarabszess festgestellt, was einen operativen Eingriff erforderte. Im weiteren intensivmedizinischen Verlauf kam es zu unterschiedlichen Komplikationen.
Eine Agranulozytose ist von einem Abfall der neutrophilen Granulozyten im peripheren Blut auf unter 500/µl gekennzeichnet. Betroffene haben ein hohes Infektionsrisiko. Der Pathomechanismus der Metamizol-assoziierten Agranulozytose ist nicht abschließend geklärt, so die AkdÄ. Möglich ist ein immunologisch vermittelter Prozess, bei dem ein reaktiver Metabolit von Metamizol an Neutrophile bindet. In der Folge wird die Bildung von Antikörpern sowie eine gegen neutrophile Granulozyten gerichtete T-Zell-Immunantwort induziert. Möglich ist das Auftreten einer Agranulozytose unter Metamizol bereits innerhalb der ersten Tage. In Untersuchungen konnte aber auch eine Agranulozytose im Median von sechs bis 13 Tagen nach Therapiebeginn dokumentiert werden. „Agranulozytosen treten unabhängig von der Metamizol-Dosis auf, was ebenfalls für einen immunologisch vermittelten Mechanismus spricht“, so die AdkÄ.
Wird Metamizol eingenommen, sollten Patient:innen auf Anzeichen einer Agranulozytose achten. Das Problem: Der Verlauf ist in der Regel asymptomatisch. Mögliche Symptome sind:
- Verschlechterung des Allgemeinbefindens,
- Fieber,
- Schüttelfrost,
- Entzündungen im Bereich der Schleimhäute und Angina tonsillaris mit Halsschmerzen und Schluckbeschwerden.
Achtung: Unter einer Antibiose können diese Zeichen auch fehlen.
Zudem hätte ein Großteil der gemeldeten Fälle einer Agranulozytose unter Metamizol vermieden werden können, denn die Anwendung fand bei etwa einem Viertel der Betroffenen außerhalb der zugelassenen Indikation statt. Bei einem weiteren Fünftel war die Indikation sogar unklar.
Merke: „Bei der Verordnung sollte beachtet werden, dass Metamizol nicht zur Behandlung leichter bis mittelstarker Schmerzen zugelassen und auch nicht Mittel erster Wahl zur Fiebersenkung ist.“
Nur noch bei starken Schmerzen: Eingeschränkte Indikation für Metamizol
Metamizol-haltige Arzneimittel sind nur zur Behandlung von starken Schmerzen zugelassen. Hierzu gehören akute Schmerzen nach Verletzung oder Operation, Schmerzen bei Koliken und Tumorschmerzen. Bei anderen starken akuten oder chronischen Schmerzen darf Metamizol nur angewendet werden, wenn andere therapeutische Maßnahmen nicht angezeigt sind. Außerdem kann der Wirkstoff bei hohem Fieber, das nicht auf andere Maßnahmen anspricht, angewendet werden.
Merke: Leichte bis mittelstarke Schmerzen dürfen nicht mit Metamizol behandelt werden. Zur Fiebersenkung darf Metamizol nur eingenommen werden, wenn andere Antipyretika keine ausreichende Wirksamkeit gezeigt haben.
Das könnte dich auch interessieren
Mehr aus dieser Kategorie
Blasenentzündung: Phytos empfohlen
Bei unkomplizierten Blasenentzündungen werden künftig auch Phytotherapeutika statt einer Antibiose empfohlen. Das ist das Ergebnis der Aktualisierung der S3-Leitlinie für …
Rezeptur 1×1: Ringversuche 2025
Ob Wirkstoffe, Zubereitung oder Wechselwirkungen – nicht nur bei der Beratung im HV, sondern auch in der Rezeptur ist dein …
Sperma als „Virenschleuder“?
Dass Körperflüssigkeiten wie Speichel als Übertragungsweg für bestimmte Erkrankungen dienen, ist bekannt. Das gilt auch für das Sperma. Genau kann …