Schätzungsweise 120.000 Menschen sind hierzulande nasensprayabhängig. Der Leidensdruck der Betroffenen ist groß, denn das Atmen fällt schwer – die Nase ist dicht und zwei- bis dreimal täglich sprühen reicht oft nicht mehr aus. Hinzu kommt die psychische Belastung. Deine Beratung ist gefragt, wenn es um Wege aus der Sucht nach Nasenspray geht.
Abschwellende Nasensprays mit den Sympathomimetika Xylometazolin, Oxymetazolin und Tramazolin sollten nicht länger als sieben Tage angewendet werden. Denn: Nach etwa zehn Tagen kommt die Sucht. Stichwort Rebound-Effekt. Doch die Warnung wird von einigen Anwender:innen nicht beachtet und ein Teufelskreis beginnt. Dem zu entfliehen, verlangt Disziplin, Durchhaltevermögen und Geduld.
Nasenspray: Der Weg in die Sucht
Was passiert? Die Sympathomimetika lassen die Nasenschleimhäute abschwellen und können die Gefäße verengen. Durch ihre agonistische Wirkung auf die Alpha-Adrenozeptoren wird die Nasenatmung erleichtert und die Sekretion vermindert. Aber auch Beta-Rezeptoren werden stimuliert. Die Folge: ein gefäßerweiternder Effekt. Die abschwellende Wirkung überwiegt zwar, die gefäßerweiternde hält aber länger an. Der Rebound-Effekt setzt nach rund zehn Tagen ein, wenn der Schnupfen längst überstanden ist. Die Schleimhäute schwellen dauerhaft an. Möglicherweise, weil die Alpha-Rezeptoren überstimuliert sind und sich an den Wirkstoff gewöhnen.
Jetzt beginnt in der Regel der Teufelskreis – die Nase ist scheinbar verstopft, die Atmung fällt schwer und es wird gesprüht, und zwar in immer kürzeren Abständen und immer mehr Sprühstöße. Zum Teil müssen die Betroffen die abschwellenden Sprays bis zu zehn Mal täglich anwenden. Denn auch das Atmen an der frischen Luft fällt schwer. Kein Wunder, dass Nasensprayabhängige meist mehrere Flaschen im Einsatz haben – eine in der Hosentasche, im Rucksack, in der Jacke, auf dem Nachttisch und im Wohnzimmer.
Hinzukommt, dass die Nasenschleimhaut austrocknet und nicht mehr ausreichend durchblutet wird. Krusten und Risse können sich bilden. Mehr noch. Die Betroffenen können unter Nasenbluten und einer Stinknase leiden – den üblen Geruch nehmen jedoch nur Mitmenschen und nicht die Betroffenen wahr.
Das sind die Warnsignale
- Betroffene sprühen länger als sieben Tage
- die Dosis und die Sprühabstände werden höher beziehungsweise kürzer, denn trotz Sprühen ist die Nase nach kurzer Zeit wieder dicht
- mehrere Flaschen Nasenspray sind im Einsatz und gleichmäßig verteilt
- Betroffene sind häufiger erkältet, weil das Schutzschild der Nasenschleimhaut nicht mehr funktioniert
- es kommt zu Nasenbluten, trockener Nasenschleimhaut und ĂĽblem Geruch
- es entsteht auch eine psychische Abhängigkeit – Panik, wenn das Spray bald aufgebraucht ist
Nasenspray: Raus aus der Sucht
Um die Nase vom abschwellenden Spray zu entwöhnen, gibt es verschiedene Möglichkeiten, zwischen denen die Betroffenen wählen können.
Kalter Entzug
Hier ist starker Wille gefragt. Denn alle Nasensprayflaschen, die im Einsatz und in Reserve sind, kommen in den MĂĽll. Jetzt heiĂźt es Durchhalten. Denn die Nase kann je nach Anwendungsdauer fĂĽr mehrere Woche dicht sein.
Pflegende Salben oder Inhalieren können die Nase bei der Regeneration unterstützen und wieder etwas besser durchatmen lassen. Ärzt:innen raten meist vom kalten Entzug ab, weil die Rückfallquote hoch ist.
Achtung: Keine Nasendusche bei stark geschwollen Nasenschleimhäuten und blutender Nase.
Weniger ist mehr
Eine andere Möglichkeit ist das Ausschleichen beziehungsweise Runterdosieren. Eine Option ist es, vom Erwachsenennasenspray erst auf die Kinderdosierung und dann auf die Säuglingsvariante zu switchen. Außerdem kann die Menge der Sprühstöße reduziert und die Zeit zwischen den Anwendungen verlängert werden.
Erst links, dann rechts – oder umgekehrt
Möglichkeit Nummer drei ist es, erst das eine Nasenloch und dann das andere zu entwöhnen. So können die Betroffenen durch ein Nasenloch frei atmen, während das andere verstopft ist. Letzteres sollte mit einer pflegenden Salbe oder einem pflegenden Spray behandelt werden. Ist das eine Nasenloch entwöhnt, kann der Entzug mit dem anderen beginnen.
Corticoidhaltige Nasensprays können den Entzug unterstützen, sollten aber nur in Arztrücksprache angewendet werden. Ziel der Therapie mit dem Cortisonspray ist es, die im Zuge der Abhängigkeit entstandenen Entzündungen zu mindern.
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