Inclisiran (Leqvio, Novartis) hält seit Ende 2020 eine EU-Zulassung. Der Wirkstoff wird zur Behandlung der primären Hypercholesterinämie und der gemischten Dyslipidämie bei Erwachsenen eingesetzt. Doch reduziert sich durch den Cholesterinsenker auch das Herzinfarktrisiko?
Inclisiran werde in den Medien als „Cholesterin-Killer” bezeichnet und als „Spritze gegen Herzinfarkt“, heißt es von der Deutschen Herzstiftung in einer Pressemitteilung. Der Grund: Inclisiran kann den Wert von Low Density Lipoprotein-Cholesterin (LDL-C) effektiv senken, und zwar um rund 50 Prozent, wie Ergebnisse einer Phase-III-Studie gezeigt haben.
Ein hoher LDL-C-Wert gehört zu den größten Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Denn überschüssiges LDL-C lagert sich in den Gefäßwänden ab und verursacht Gefäßverkalkungen (Arteriosklerose), die zu Herzinfarkt und Co. führen können. Wirkt Inclisiran also auch als „Spritze gegen Herzinfarkt“?
Inclisiran gehört zur Gruppe der PCSK9-Hemmer. Diese hindern das körpereigene Enzym PCSK9 am Abbau von LDL-Rezeptoren auf den Leberzellen, wodurch mehr LDL-C in die Leber gelangt und dort abgebaut werden kann. Der LDL-C-Spiegel im Blut sinkt. Das Besondere an Inclisiran: Es handelt sich um einen siRNA-Wirkstoff (engl. small interfering RNA). Dieser bindet im Zellkern der Leberzellen an den RNA-induced silencing complex (RISC-Komplex), die mRNA des PCSK9-Gens und fördert deren Abbau. Die empfohlene Dosis von Inclisiran beträgt 284 mg, die per subkutaner Injektion verabreicht werden. Eine zweite Dosis erfolgt laut Produktinformation nach drei Monaten, anschließend wird alle sechs Monate aufgefrischt.
Kann Inclisiran das Herzinfarkt-Risiko senken?
„Es muss noch in einer klinischen Endpunktstudie auf Sicherheit und Wirksamkeit dahingehend geprüft werden, ob es neben der Cholesterinsenkung auch zu einer Verminderung von kardiovaskulären Ereignissen wie Herzinfarkten und Schlaganfällen kommt“, heißt es von der Herzstiftung. Dennoch könnte Inclisiran eine neue Therapieoption darstellen. Zuvor brauche es jedoch noch weitere sorgfältige klinische Prüfungen. Ergebnisse der ORION-4-Studie könnten laut den Expter:innen 2024 vorliegen.
Derzeit kann der Wirkstoff nur zulasten der Kassen verordnet werden, wenn eine primäre heterozygote familiäre oder nicht familiäre Hypercholesterinämie oder Dyslipidämie vorliegt und zugleich eine Unverträglichkeit für andere Cholesterinsenker besteht oder eine Kombination aus anderen cholesterinsenkenden Medikamenten und Lebensstiländerung nach einem Jahr nicht zum LDL-C-Zielwert geführt hat.
„Sie dürfen Inclisiran nicht verordnen, wenn dadurch Mehrkosten im Vergleich zur Therapie mit anderen Lipidsenkern (Statine, Cholesterinresorptionshemmer und Anionenaustauscher) entstehen“, warnt die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg die Praxen und verweist auf eine entsprechende Änderung in Anlage III der Arzneimittel-Richtlinie. Die Anwendung von Inclisiran erfolgt zusätzlich zu diätetischer Therapie entweder allein oder in Kombination mit einem Statin und/oder mit anderen lipidsenkenden Therapien.
Das könnte dich auch interessieren
Mehr aus dieser Kategorie
Erhöht Milch das Risiko für Herzkrankheiten?
Milch- und Milchprodukte haben bei vielen Menschen einen festen Platz auf dem Ernährungsplan. Doch zu viel davon kann gefährlich werden, …
Baclofen: Beeinträchtigung der Gehirnfunktion
Für einige Baclofen-haltige Arzneimittel gibt es neue Warnhinweise. Die Fach- und Gebrauchsinformationen müssen entsprechend angepasst werden. Genau droht unter der …
Nicht wirksam: Keine Erkältungskombis mit Phenylephrin?
Leiden Kund:innen unter Erkältungsbeschwerden wie verstopfter Nase und Co., kommen unter anderem Erkältungskombis zum Einsatz. Dabei wird häufig auf Phenylephrin …