In diesem Jahr gab es für PTA und andere Apothekenmitarbeiter:innen Grund zur Freude: Denn es wurden Tariferhöhungen durchgesetzt, im Tarifgebiet Nordrhein in mehreren Stufen. Doch während sich einige Kolleg:innen freuen dürfen, haben Nicht-Tarifbeschäftigte das Nachsehen. Doch lässt sich Tariflohn auch ohne Tarifbindung durchsetzen?
Generell gilt: Anspruch auf Tariflohn besteht nur, wenn Tarifbindung besteht – also Arbeitgebende Mitglied im Arbeitgeberverband (ADA oder TGL) und Angestellte Mitglied in der Adexa sind. Es gibt aber Ausnahmen. Beispielsweise dann, wenn Arbeitgebende und Arbeitnehmende den Gehaltstarifvertrag als Grundlage im Arbeitsvertrag vereinbart haben.
Eine solche Vereinbarung fehlt in deinem Vertrag? Dann besteht trotzdem noch die Möglichkeit, eine Annäherung an das Tarifniveau zu erreichen und auch ohne Tarifbindung eine Bezahlung nach Tariflohn einzufordern. Nämlich dann, wenn eine sogenannte „Üblichkeit der Tarifvergütung“ vorliegt. Aber was bedeutet das?
Können PTA auch ohne Tarifbindung Tariflohn verlangen?
Um davon auszugehen, dass die tarifliche Bezahlung üblich ist, muss mehr als die Hälfte der Arbeitgeber:innen in einer Region (Wirtschaftsgebiet) tarifgebunden sein oder mehr als 50 Prozent der Beschäftigten in der Region müssen bei tarifgebundenen Arbeitgeber:innen arbeiten. Als Wirtschaftsgebiet gilt der räumliche Bereich, in dem die Betriebsstätte liegt und aus dem der wesentliche Teil des Personals stammt. Liegt eine Üblichkeit der Tarifvergütung vor, darf die Vergütung bei den nicht-tarifbeschäftigten Mitarbeiter:innen nicht mehr als ein Drittel unter Tarifniveau liegen, wie aus einem Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern hervorgeht.
„Erreicht die Arbeitsvergütung nicht einmal zwei Drittel eines in dem Wirtschaftszweig üblicherweise gezahlten Tarifentgelts, liegt eine ganz erhebliche, ohne weiteres ins Auge fallende und regelmäßig nicht mehr hinnehmbare Abweichung vor, für die es einer spezifischen Rechtfertigung bedarf.“ Ist dies der Fall, müssen Arbeitgebende die Differenz ausgleichen.
Ein Beispiel: Befinden sich in deinem Landkreis zehn Apotheken und in sechs davon wird nach Tarif bezahlt, während dein Gehalt nur etwa die Hälfte davon beträgt, kannst du auch ohne Tarifbindung auf Tariflohn pochen.
Im vorliegenden Fall waren die Voraussetzungen einer Üblichkeit der Tarifvergütung jedoch nicht gegeben. So hatte eine Angestellte ihren Arbeitgeber auf Angleichung ihres Gehaltes an den Tariflohn verklagt, obwohl für sie keine Tarifbindung bestand. Das Gericht wies die Klage jedoch ab. Die Gründe: Im jeweiligen Gebiet waren weniger als 50 Prozent der Angestellten bei tarifgebundenen Arbeitgeber:innen tätig (23 Prozent) und das Gehalt der Angestellten lag nicht mehr als ein Drittel unter dem Tarifniveau. Der Fall wurde zur endgültigen Entscheidung an das Bundesarbeitsgericht weitergeleitet.
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