Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts zur Arbeitszeiterfassung sorgt für Wirbel und lässt viele Fragen aufkommen. Was dieses für die Apotheken bedeutet und ob die Arbeitszeiterfassung Pflicht ist, ordnen Daniel Roth und Fabian Virkus, Rechtsanwälte der Treuhand Hannover, in einer Stellungnahme ein.
Die Arbeitszeiterfassung könnte zur Pflicht werden, wie aus einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) hervorgeht. „Der Arbeitgeber ist nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG verpflichtet, ein System einzuführen, mit dem die von den Arbeitnehmern geleistete Arbeitszeit erfasst werden kann“, heißt es in einer Pressemitteilung des Gerichts.
Allerdings könne zu diesem Zeitpunkt noch nicht abschließend abgesehen werden, ob die Verpflichtung der Arbeitgeber:innen dahingehend zu verstehen sei, die Arbeitszeit aufzuzeichnen oder ob sie lediglich verpflichtet seien, den Arbeitnehmer:innen ein System zur Aufzeichnung zur Verfügung stellen, so die Rechtsanwälte der Treuhand Hannover. Mit Blick auf das Urteil des BAG seien Arbeitgebende jedoch gut beraten, künftig ein System zur Aufzeichnung der tatsächlichen Arbeitszeiten einführen.
Arbeitszeiterfassung Pflicht? Was bedeutet das für die Apotheken?
In der Apotheke kann laut § 4 Bundesrahmentarifvertrag ein Jahresarbeitszeitkonto vereinbart werden. Angestellte in Vollzeit haben so eine flexible wöchentliche Arbeitszeit von 29 bis 48 Stunden, wenn die Arbeitszeit im Ausgleichszeitraum von zwölf Monaten durchschnittlich 40 Stunden beträgt. Um die Stunden im Blick zu behalten, arbeiten Apotheken bereits zum Teil mit einer Software zur Zeiterfassung, andere setzen auf Tabellen und Co. Apotheken sind gut beraten, auf entsprechende Tools zu setzen. Denn mit dem Urteil des BAG müssen Anfang und Ende der Arbeitszeiten nun vollständig erfasst werden. „Bislang bzw. nach den noch geltenden Regelungen des Arbeitszeitgesetzes galt eine solche Verpflichtung nur für Überstunden bzw. für die über 8 Stunden hinausgehende Arbeitszeit“, heißt es in der Stellungnahme der Rechtsanwälte. Die sogenannte „Vertrauensarbeitszeit“ ist nach der neuen Rechtsprechung wohl passé.
„Der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts – soweit bislang bekannt – ist im Übrigen nicht zu entnehmen, auf welche konkrete Art und Weise Arbeitgeber diese Aufzeichnungen zu führen haben. Arbeitgeber könnten dies nach unserer Einschätzung grundsätzlich selbst machen oder den Arbeitnehmern überlassen – aus der bisherigen Vertrauensarbeitszeit wird dann die Vertrauensarbeitszeiterfassung, bei der Arbeitgeber die selbst erstellte Arbeitszeiterfassung ihrer Mitarbeiter zur Erfüllung ihrer Pflichten nutzen.“ Die Verantwortung zur Einhaltung gesetzlicher und gegebenenfalls tariflicher Arbeitszeitregelungen liegt jedoch auf der Seite der Arbeitgebenden.
Pausen nicht vergessen, Abzeichnung durch Arbeitnehmende keine Pflicht
Es müssen jedoch nicht nur Anfang und Ende der Arbeitszeit erfasst werden, sondern auch die Pausenzeit. Möglich sei dies analog oder digital. „Es besteht jedoch grundsätzlich keine Pflicht der Arbeitgeber, sich die Arbeitszeiterfassung durch die Arbeitnehmer abzeichnen zu lassen.“
Außerdem stellen die Rechtsanwälte der Treuhand klar: „Die Pflicht des Arbeitgebers zur Aufzeichnung der Arbeitszeit führt übrigens nicht dazu, dass nun automatisch Arbeitszeitkonten eingeführt werden, die flexible Arbeitszeiten ermöglichen. Hierfür bedarf es ausdrücklicher arbeitsvertraglicher Vereinbarungen.“
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