Manchmal treiben dich in der Apotheke nicht nur die Kund:innen zur Weißglut, sondern auch die Kolleg:innen und/oder der/die Chef:in. Trotz aller Wut sind Beleidigungen aber ein No-Go. Sind jedoch besonders schlechte Arbeitsbedingungen der Grund für dein Ausflippen, ist Nachsicht angesagt. Denn in diesem Fall ist die Beleidigung kein direkter Kündigungsgrund, wie ein Fall vor dem Landesarbeitsgericht Thüringen zeigt.
Wer eine andere Person beleidigt, verstößt damit nicht nur gegen die guten Sitten, sondern begeht sogar eine Straftat. Immerhin wird die Ehre des/der anderen dadurch verletzt. Vor allem am Arbeitsplatz ist das tabu. Dennoch steht in manchen Situationen die Verärgerung bis zum Hals, sodass eine unüberlegte Äußerung herausrutscht. Die Folge: eine Abmahnung oder sogar Kündigung. Doch ob eine Beleidigung als Kündigungsgrund für ein fristloses Ende des Arbeitsverhältnisses ausreicht, hängt auch von den Hintergründen ab, zeigt ein Thüringer Gerichtsurteil.
Was war passiert? Eine Angestellte klagte bereits im Jahr 2016 gegen ihren Arbeitgeber, weil dieser ihr gekündigt hatte. Sie gewann die Kündigungsschutzklage und kehrte an ihren Arbeitsplatz zurück. Dieser wurde jedoch in der Zwischenzeit in einen dunklen Kellerraum mit 11 Grad Raumtemperatur und Mäuse- sowie Schimmelbefall verlagert. Nach kurzer Zeit durfte sie in einen regulären Büroraum zurückkehren, doch für ihre angeordnete Archivarbeit musste sie schwere Aktenordner über den Innenhof zu ihrem Büro tragen.
In einem Telefonat mit einer ehemaligen Kollegin äußerte die Mitarbeiterin schließlich, dass ihre Kolleg:innen „fett“ und „blöd“ seien. Doch damit nicht genug. Die Beleidigung richtete sich auch gegen den Chef. Demnach wurde sinngemäß gesagt, dass der Flur stinke, sobald der Vorgesetzte diesen betreten würde. Die Folge: eine fristlose Kündigung.
Hintergründe entscheiden: Beleidigung nicht immer Kündigungsgrund
Doch diese war unzulässig, entschied das Gericht. Demnach müssten die schlechten beziehungsweise menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen berücksichtigt werden. Diese würden zwar keine Beleidigung rechtfertigen, jedoch die Grenzen des Zumutbaren überschreiten, wodurch die Äußerungen in einem anderen Licht gesehen werden könnten. Denn die große Unzufriedenheit mit der Situation habe vermutlich erst zu diesem außergewöhnlich emotionalen Ausbruch geführt. Der Angestellten sei daher die Bedeutung ihrer Worte womöglich nicht bewusst gewesen. Mit anderen Worten: Aufgrund der Arbeitsbedingungen gelten „mildernde Umstände“, sodass die Beleidigung kein direkter Kündigungsgrund sei. Stattdessen hätte zunächst eine Abmahnung erfolgen müssen, so das Urteil der Richter:innen.
Übrigens: Wer dem/der Chef:in droht, muss mit einer Kündigung rechnen.
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