Fiebersäfte und Zäpfchen sind nur eingeschränkt lieferbar. Apotheken sind einmal mehr gefragt, den Engpass abzufedern. Aber dürfen Apotheken eine Rezeptur auf Grundlage eines Rezepts über ein Fertigarzneimittel herstellen?
Lieferengpässe stehen in der Apotheke an der Tagesordnung. Derzeit ist mit Lieferausfällen bei Ibuprofen- und Paracetamol-haltigen Säften zu kämpfen – und auch Zäpfchen sind betroffen. Den Mangel abfedern kann die Rezepturherstellung. Aber ist es eigentlich erlaubt, eine Rezeptur statt dem verordneten Fertigarzneimittel herzustellen und abzugeben? Die Abda hat die Antwort.
Rezeptur statt Fertigarzneimittel: Achtung, Retaxrisiko
„Hinsichtlich der Herstellung einer Rezeptur bei Lieferengpässen ist es aus Sicht des DAV die retaxationssicherste Variante, ein neues Rezept mit der Verordnung der Rezeptur in der Arztpraxis abzufragen“, teilt ein Sprecher auf Nachfrage mit. „Die Abgabe einer Rezeptur oder Defektur, obwohl ein Fertigarzneimittel verordnet wurde, stellt unserer Ansicht nach ein erhöhtes Retaxationsrisiko dar“, heißt es weiter.
Hat die Praxis hingegen eine Rezeptur verordnet, trägt sie das wirtschaftliche Risiko.
Offizieller Engpass würde Handlungsspielraum vergrößern
Den Apothekenalltag erleichtern würde ein offiziell vom BMG bekanntgemachter Lieferengpass. Denn dieser ermögliche „eine schnelle und effektive Kommunikation des DAV mit dem GKV-Spitzenverband über Sonder- und Ausnahmeregelungen in diesen speziellen Fällen“, so der Abda-Sprecher. Somit eröffne sich ein größerer Handlungsspielraum.
Allerdings hat der Beirat zur Bewertung der Versorgungslage mit Arzneimitteln, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind, Anfang Juni für Paracetamol zwar einen erhöhten Bedarf der pädiatrischen Darreichungsform in Form von Säften festgestellt. Jedoch sei Ware von anderen Anbietern zur Kompensation verfügbar.
„Sollte das BfArM einen offiziellen Lieferengpass feststellen und Rezepturen als Alternativversorgung vorsehen, werden GKV und DAV pragmatische Lösungen besprechen“, teilt ein GKV-Sprecher mit.
Was sagt der GKV?
Auch der GKV empfiehlt ein neues Rezept. „Die Arzneimittelverschreibungsverordnung sieht für Fertigarzneimittel und Rezepturen unterschiedliche Regelungen vor. Fertigarzneimittel können aufgrund der Bestimmungen des fünften Sozialgesetzbuches unter den dort genannten Regelungen ausgetauscht werden. Entsprechende Regelungen existieren für den Austausch von Fertigarzneimitteln und Rezepturen nicht. Wir empfehlen daher für den beschriebenen Fall ein neues Rezept vom Arzt ausstellen zu lassen“, teil ein GKV-Sprecher mit.
Die Sache mit dem Hashwert
Es gibt jedoch etwas zu beachten. Sind auf einem Rezept neben dem Fiebersaft weitere Arzneimittel verordnet, wie etwa abschwellende Nasentropfen oder ein Antibiotikum, kann es beim Bedrucken zu einem Platzproblem kommen, wenn anstelle des Fiebersaftes als Fertigarzneimittels eine Rezeptur abgerechnet wird, denn seit dem 1. Juli ist der Hashwert auf jedem Rezepturrezept verpflichtend. Und der wird in die zweite und dritte Taxzeile gedruckt, in die erste kommt unter anderem die Sonder-PZN.
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