Die neue Testverordnung (TestV) sorgt bei den Apotheken und Ärzt:innen für Unmut und Ärger. Die Kassenärztlichen Vereinigungen haben dem Gesundheitsminister in einem Brandbrief mitgeteilt, dass sie Bürgertestungen zukünftig nicht mehr abrechnen und auszahlen können und in den Apotheken sind die schlimmsten Befürchtungen eingetreten.
Die TestV ist nicht nur ein „Bürokratiemonster und weder den Apotheken noch den betroffenen Patienten:innen nachvollziehbar zu vermitteln“, mahnen Manfred Saar, Präsident der Apothekerkammer des Saarlandes, und Susanne Koch, Vorsitzende des Saarländischen Apothekervereins, sondern mit Blick auf die Urlaubszeit auch unverantwortlich.
„Die Reisezeit steht bevor, die Inzidenzen explodieren. In dieser Phase ist es unverantwortlich, Bürgertests nur noch einer eingeschränkten Gruppe der Bevölkerung zukommen zu lassen. Damit verabschiedet sich der Bund de facto aus der bislang erfolgreichen Teststrategie und vernichtet das gut etablierte und wirkungsvolle Kontrollsystem zur Früherkennung des Infektionsgeschehens“, so Saar und Koch.
TestV: Die schlimmsten Befürchtungen haben sich bewahrheitet
Bereits wenige Stunden nach Inkrafttreten der neuen TestV am gestrigen Tag haben sich die schlimmsten Befürchtungen bewahrheitet – die verschärften Kontroll- und Nachweispflichten führen zu einer nicht hinnehmbaren Belastung der Apothekenteams.
„Es den Apotheken zu überlassen, den Patient:innen eine Eigenbeteiligung in Höhe von 3 Euro zu erklären, ist inakzeptabel. Darüber hinaus sind Apotheken und sonstige Leistungserbringer gehalten, einzelfallbezogen eine schriftliche Selbstauskunft der zu testenden Person einzufordern, aus der hervorgeht, warum sich eine Person testen lassen will“, so Saar. Es sei ein nicht hinnehmbarer Eingriff in die Privatsphäre, wenn Patient:innen gegenüber den Leistungserbringern beispielsweise detailliert im Rahmen der schriftlichen Selbstauskunft darlegen müssen, welche Veranstaltung in welchem Innenraum wo besucht wird, um einen Bürgertest in Anspruch nehmen zu können. „Dies auch für Familienfeiern zu fordern, ist grotesk.“
„Dass daneben zusätzliche Kontroll- und Dokumentationsaufgaben geleistet werden müssen, um die Berechtigten von den Nichtberechtigten, die Selbstzahler von den Eigenbeteiligungszahlern und den Nicht-Zahlern zu unterscheiden ist nicht mehr erklärbar.“
Wer hat Anspruch auf kostenlose Bürgertests?
1. Personen, die zum Zeitpunkt der Testung das fünfte Lebensjahr noch nicht vollendet haben,
2. Personen, die aufgrund einer medizinischen Kontraindikation, insbesondere einer Schwangerschaft im ersten Schwangerschaftsdrittel, nicht gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 geimpft werden können oder in den letzten drei Monaten aufgrund einer medizinischen Kontraindikation nicht geimpft werden konnten,
3. Personen, die an klinischen Studien zur Wirksamkeit von Coroma-Impfstoffen teilnehmen oder in den letzten drei Monaten an solchen Studien teilgenommen haben,
4. Personen, die sich aufgrund einer nachgewiesenen Corona-Infektion in Absonderung befinden, und der Test zur Beendigung der Absonderung erforderlich ist,
5. Personen, die mit einer infizierten Person in einem Haushalt leben,
6. Personen nach § 4 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4
7. Personen, die in häuslicher Umgebung gepflegt werden und in deren Haushalt Beschäftigte
8. Personen, die nicht erwerbsmäßig einen Pflegebedürftigen in seiner häuslichen Umgebung pflegen.
Anspruch, aber nur mit Eigenbeteiligung von 3 Euro
a. Personen, die am selben Tag
– eine Veranstaltung in einem Innenraum besuchen werden oder
– Kontakt zu einer Person ab 60 Jahren oder aufgrund einer Vorerkrankung oder Behinderung mit einem hohen Risiko, schwer an Covid-19 zu erkranken, haben werden,
b. Personen, die durch die Corona-Warn-App des Robert Koch-Instituts eine Warnung mit der Statusanzeige erhöhtes Risiko erhalten haben
„Im Übrigen besteht kein Anspruch mehr auf Bürgertests.“
Was muss kontrolliert und dokumentiert werden?
Ausweiskontrolle: Zu testende Personen müssen sich in der Apotheke gemäߧ 6 Abs. 3 Nr. 4 TestV künftig wieder einer Ausweiskontrolle unterziehen.
Prüfung der Anspruchsberechtigung: Die Anspruchsberechtigung muss überprüft werden. So ist beispielsweise ein ärztliches Zeugnis im Original vorzulegen, wenn die zu testende Person aufgrund einer medinischen Kontraindikation nicht gegen Corona geimpft werden kann. Will sich eine Person, die mit einer infizierten Person in einem Haushalt lebt, testen lassen, sind ein Nachweis über das Testergebnis der infizierten Person und ein Nachweis der übereinstimmenden Wohnanschrift vorzulegen.
Wird eine Eigenbeteiligung von 3 Euro fällig, muss die zu testende Person eine Selbstauskunft abgeben, dass die Testung zu einem unter Buchstabe a. oder b. genannten Zweck und unter Eigenbeteiligung durchgeführt wurde. Ist dies der Fall, ist darüber hinaus eine schriftliche Selbstauskunft des/der zu Testenden erforderlich, aus der hervorgeht, dass die entsprechenden Voraussetzungen gemäß TestV vorliegen. Die Selbstauskunft ist von der zu testenden Person zu unterschreiben.
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