Die neue Testverordnung (TestV) sorgt für heftige Diskussionen. In einem Brandbrief haben sich die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) an Gesundheitsminister Professor Karl Lauterbach gewandt – sie werden die Prüfung der Abrechnung der Bürgertests nicht mehr durchführen und deswegen keine Auszahlungen vornehmen können.
Seit gestern ist die neue TestV in Kraft und sorgt nicht nur in den Apotheken und Testzentren für einen bürokratischen Mehraufwand. So muss der Anspruch geprüft und unter Umständen 3 Euro Eigenbeteiligung kassiert werden.
Abgerechnet wird über die KVen – und die hatten nur 4 Stunden und 15 Minuten Zeit, um die neuen Regelungen zu kommentieren. Jetzt wenden sich die KVen in einem Brandbrief an den Gesundheitsminister.
KVen: Können Bürgertests zukünftig nicht mehr abrechnen und auszahlen
„Nach sehr sorgfältiger Prüfung der neuen TestV müssen wir Ihnen vor dem Hintergrund der schon jetzt bestehenden, eklatanten Betrugsproblematik mitteilen, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen Bürgertestungen zukünftig nicht mehr abrechnen und auszahlen können.“
Mehr noch: Die sehr kleinteiligen und detaillierten Anspruchsvoraussetzungen gingen völlig an der Realität des Testgeschehens vorbei und seien im Nachhinein nicht von den KVen überprüfbar. Außerdem habe sich bereits in der Vergangenheit gezeigt, dass die durch das BMG vorgesehene und von den KVen durchgeführte Abrechnungsprüfung Betrugsfälle nicht verhindern könne. Die neue TestV unterteilt zehn Fallgruppen, für die nachgewiesen werden müsse, ob Anspruch auf einen Bürgertest besteht und dieser rechtskonform erbracht werden könne.
„Die Prüfung all dieser neuen Vorgaben ist den Kassenärztlichen Vereinigungen erst recht nicht möglich“, heißt in dem Brief weiter. So könne nicht darauf vertraut werden, dass alle Teststellen die Leistungen korrekt erbringen würden und die Teststellen alle Personen ausreichend über die neuen Anspruchsvoraussetzungen aufklärten und tatsächlich alle Nachweise und Selbsterklärungen prüften.
„Im Ergebnis könnten die Kassenärztlichen Vereinigungen nicht verantworten, ‚sehenden Auges Auszahlungen auf Abrechnungen zu leisten, deren Richtigkeit sie nicht ansatzweise prüfen können‘. Vor diesem Hintergrund und aufgrund der neuen, kleinteiligen Anspruchsvoraussetzungen und des damit vorhersehbaren Anstiegs von nicht überprüfbaren Falschabrechnungen sehen sich die Kassenärztlichen Vereinigungen außer Stande, ab dem 30. Juni 2022 erbrachte Bürgertestungen nach § 4a TestV abzurechnen und die Vergütung auszuzahlen.“
Arztpraxen müssen keine Bürgertests anbieten
Die Arztpraxen sollten genau prüfen, ob sie Bürgertests weiterhin anbieten. Verpflichtet sind sie dazu nicht.
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