Das E-Rezept kommt – wenn auch nicht flächendeckend. Am 1. September sollen alle Apotheken E-Rezepte beliefern können. Die Einführung verläuft jedoch stufenweise und startet in den Pilot-Praxen und -Krankenhäusern Westfalen-Lippe und Schleswig-Holstein. Dann geht es stufenweise weiter. Wer wann dran ist, ist noch offen. Voraussichtlich im Frühjahr 2023 soll die Einführung abgeschlossen sein. An den Zeitplan der gematik glauben die Kolleg:innen nicht, wie eine aktuelle aposcope-Befragung zeigt.
Fest steht: Was für die Apotheken eine Pflicht ist, ist für die Praxen eine Kür, denn es besteht keine explizite Pflicht für die Ärzt:innen, in der ab September benannten Region E-Rezepte auszustellen. Mehr noch: Die gematik wird prüfen, ob und welche Anreizsysteme zur Teilnahme an der Stufe 1 kurzfristig etabliert werden können und diese mit den Gesellschaftern abstimmen.
aposcope hat die Apothekenmitarbeiter:innen zum Status quo befragt. Hier kommt das Ergebnis: 83 Prozent der Apothekeninhaber:innen geben an, in ihrer Apotheke noch kein E-Rezept verarbeitet zu haben. Bei den angestellten Apotheker:innen und PTA sind es 72 Prozent beziehungsweise 70 Prozent.
Und auch die Vorbereitungen laufen nicht gerade auf Hochtouren. „Wir bereiten uns aktiv in der Apotheke auf den Empfang von E-Rezepten vor“, sagen nur 45 Prozent der Inhaber:innen und 37 Prozent des HV-Personals. Hier gibt es keinen Unterschied zur Befragung vor rund drei Wochen.
Aber: 87 Prozent der Befragten wünschen sich Schulungen zum E-Rezept von den Softwareanbietern.
Das Thema Schulungen der Softwarehäuser nimmt bei der Einführung des E-Rezeptes eine Schlüsselrolle ein. Zwar sehen aktuell 76 Prozent der Apothekeninhaber:innen das E-Rezept als Apothekenkiller. Aber: Ebenfalls 76 Prozent der Chef:innen sagen, dass das E-Rezept eine Chance für die Vor-Ort-Apotheken sein kann, wenn alle Softwareanbieter TI-Ready sind und Apotheken entsprechend geschult haben.
E-Rezept: Das sind die Hürden
Welche Hürden sehen die Teams noch? Die Kolleg:innen sehen die Patientenversorgung in Gefahr – 94 Prozent der Inhaber:innen und 80 Prozent der angestellten Apotheker:innen und PTA haben Sorge, dass technische Fehler in der TI im Apothekenalltag zu Problemen bei der Patientenversorgung führen. Bei den Inhaber:innen ist die Sorge um vier Prozentpunkte gestiegen.
Aber die Teams fürchten nicht nur technische Probleme oder IT-Ausfälle. Hinzu kommen bei etwa acht von zehn Kolleg:innen Bedenken in puncto Problemen bei Rezeptänderungen. Und dennoch glauben nur 39 Prozent, dass es vermehrt zu Retaxationen kommen wird.
Auch die Abwanderung der Kundschaft zum Online-/Versandhandel ist bei knapp mehr als der Hälfte der befragten Kolleg:innen ein Thema. Und dann sind da noch die Praxen. 83 Prozent glauben, dass die Praxen bis September auf keinen Fall E-Rezept ready sind.
Dass die Praxen nicht ready sind, kann verschiedene Ursachen haben. Eine ist die fehlende Verpflichtung. Kein Wunder, dass 71 Prozent der Apothekenmitarbeiter:innen sagen: Arztpraxen sollten genauso wie Apotheken zur Einführung des E-Rezepts verpflichtet werden.
Mehr noch 74 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass das E-Rezept solange freiwillig bleiben sollte, bis es für alle Rezeptformulare (nicht nur Muster 16) eine digitale Lösung gibt.
E-Rezept und Referenzvalidator
Das Schreckgespenst Retax geht ohnehin in den Apotheken um und beschäftigt die Teams auch in puncto E-Rezept. Sicherheit soll der Referenzvalidator bringen. Mehr als die Hälfte der Befragten ist der Meinung, dass erst mit der Einführung des Referenzvalidators die Bearbeitung von E-Rezepten retaxsicher sein wird. Kein Wunder, dass 70 Prozent der Umfrageteilnehmer:innen sagen, Referenzvalidator und E-Rezept sollten zeitgleich eingeführt werden. Doch der soll dem Vernehmen nach erst im November verfügbar sein.
Nehmen die Apotheken den Zeitplan der gematik ernst?
aposcope liefert die Antwort, ob die Kolleg:innen an die festgesetzten Timings glauben, denn Verschiebungen gab es in der Vergangenheit immer wieder. Da verwundert es nicht, dass die Mehrheit – sieben von zehn Kolleg:innen – den Zeitplan der gematik, dass die Einführung des E-Rezeptes im Frühjahr 2023 abgeschlossen sein soll, nicht ernst nimmt.
Zur Methodik: aposcope hat am 7. und 8. Juni 2022 insgesamt 510 Apotheker:innen und PTA zum Thema E-Rezept befragt.
Das könnte dich auch interessieren
Mehr aus dieser Kategorie
Ersatzkassen-Rabattvertrag: 9 von 14 Antibiotika aus Europa
Gemäß Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG) müssen bei Rabattausschreibungen über Antibiotika auch Unternehmen berücksichtigt werden, deren Wirkstoffproduktion in der EU und …
Kinderkrankentage: Verringert Teilzeit den Anspruch?
Sowohl in diesem als auch im kommen Jahr können berufstätige Eltern jeweils bis zu 15 Kinderkrankentage beanspruchen. Ihr Gehalt bekommen …
Diamorphin: Zugang zu „Heroin“ auf Rezept soll erleichtert werden
Diamorphin kommt in der Substitutionstherapie zum Einsatz. Seit 2009 gibt es das „Heroin“ auf Rezept. Seitdem ist die Zahl der …