Auch wenn die Corona-Inzidenz sinkt, müssen sich Tag für Tag unzählige Menschen mit einer Infektion in häusliche Isolation begeben. Verweigern Chef:innen anschließend die Rückkehr zur Arbeit aus Sorge vor einem Ansteckungsrisiko, gilt dies als Annahmeverzug, zeigt ein Urteil.
Die Omikron-Welle scheint unter Kontrolle, in vielen Teilen Deutschlands werden oder wurden die Corona-Regeln bereits gelockert. Doch die Zahl der täglichen Neuinfektionen bleibt weiterhin hoch. Davon sind auch Apotheken betroffen. Wie eine aposcope-Befragung Mitte Februar zeigte, verzeichneten 45 Prozent der Befragten einen Verdachtsfall beziehungsweise Quarantänefall oder eine bestätigte Corona-Infektion im Team. Die Folge: quarantänebedingter Personalmangel. Umso größer sollte die Freude sein, wenn Angestellte nach überstandener Infektion in die Apotheke zurückkehren. Doch was gilt, wenn Chef:innen die Rückkehr verweigern, weil nur ein „Entlassungsbescheid“ vom Gesundheitsamt statt eines negativen Tests vorliegt? Dieser Frage ist das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz nachgegangen. Achtung, Spoiler: Es herrscht Annahmeverzug.
Was bedeutet Annahmeverzug?
Arbeitgeber:innen dürfen die Arbeitsleistung eines/einer Angestellten ablehnen, wenn „die Weiterbeschäftigung unter Berücksichtigung der dem Arbeitnehmer zuzurechnenden Umstände nach Treu und Glauben nicht zuzumuten ist“, stellt das LAG klar. Dafür braucht es jedoch einen rechtlich anerkannten Grund. Fehlt dieser, besteht Annahmeverzug. Mehr noch: Der/die Beschäftigte erhält weiterhin Gehalt. „Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein“, heißt es dazu in § 615 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).
Was war passiert? Geklagt hatte ein Dackdecker, der sich auf einer Urlaubsreise mit Sars-Cov-2 infizierte und sich daraufhin für 14 Tage in behördlich angeordnete Isolation begeben musste. Mit Ablauf der Frist zeigte der Kläger bereits seit 48 Stunden keine Symptome mehr – eine Voraussetzung für das Beenden der Isolation. Allerdings fiel sein Testergebnis noch immer positiv aus. Dennoch durfte der Mann die Isolation gemäß der Anordnung des zuständigen Gesundheitsamtes beenden. Der Grund: Er wurde aufgrund einer geringen Viruslast als nicht mehr infektiös und/oder ansteckend eingestuft.
Der Arbeitgeber verweigerte jedoch mit Verweis auf seine Fürsorgepflicht gegenüber den Beschäftigten die Rückkehr an den Arbeitsplatz und bestand auf einen negativen Test. Dies war den Richter:innen zufolge jedoch nicht zulässig. Stattdessen hätte der Betrieb nachweisen müssen, dass der Angestellte entgegen der vorgelegten Unterlagen tatsächlich noch ansteckend ist. Folglich gilt die Weigerung des Arbeitgebers als Annahmeverzug. Denn: „Die Annahme der Arbeitsleistung eines von der zuständigen Behörde in Anwendung der maßgeblichen Kriterien aus der Quarantäne wegen einer Corona-Infektion entlassenen Arbeitnehmers […] ist dem Arbeitgeber nicht unzumutbar“, heißt es im Urteil.
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