Tamoxifen gehört zu den versorgungsrelevanten Wirkstoffen und ist derzeit von Lieferengpässen betroffen. Das Bundesgesundheitsministerium hat den Versorgungsmangel bekanntgegeben. Somit besteht die Möglichkeit des Einzelimportes. Wie wird der Einzelimport abgerechnet und muss die zuständige Behörde diesen per Allgemeinverfügung gestatten?
Hat das BMG einen Versorgungsmangel bekanntgegeben, haben die zuständigen Behörden die Möglichkeit, im Einzelfall zu gestatten, dass Arzneimittel, die nicht zum Verkehr im Geltungsbereich des Arzneimittelgesetzes zugelassen oder registriert sind,
- befristet in Verkehr gebracht werden können sowie
- abweichend von § 73 Absatz 1 in den Geltungsbereich verbracht werden.
Tamoxifen: Einzelimport und Allgemeinverfügung
Für Baden-Württemberg haben die Regierungspräsidien Tübingen, Freiburg, Karlsruhe und Stuttgart eine entsprechende Allgemeinverfügung veröffentlicht. Befristet bis zum 31. Mai 2022 – vorausgesetzt, das BMG beendet den Versorgungsmangel nicht zuvor – dürfen Apotheken in Baden-Württemberg, wenn Großhändler und Hersteller „nicht oder nicht in ausreichendem Umfang in der Lage sind, für den deutschen Markt zugelassene tamoxifenhaltige Arzneimittel zu liefern, dafür aber solche, für die unter Bezugnahme auf die o.g. Bekanntmachung des BMG eine Gestattung zum Inverkehrbringen durch die zuständige Landesbehörde erteilt wurde“, beziehen und abgeben.
Eine Übersicht der Arzneimittel, die von einer Gestattung umfasst sind, wird auf der Homepage des BfArM veröffentlicht, heißt es in der Allgemeinverfügung. Laut BfArM soll die Liste ein tagesaktuelles Monitoring in puncto Lieferfähigkeiten der Tamoxifen-Importe ermöglichen.
BMG erklärt Versorgungsmangel: „Derzeit besteht nach Mitteilung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte in Deutschland ein Versorgungsmangel mit tamoxifenhaltigen Arzneimitteln“, heißt es in der Bekanntmachung nach § 79 Absatz 5 des Arzneimittelgesetzes des BMG. „Bei tamoxifenhaltigen Arzneimitteln handelt es sich um ein Arzneimittel zur Vorbeugung oder Behandlung einer lebensbedrohlichen Erkrankung. Eine alternative gleichwertige Arzneimitteltherapie steht nicht zur Verfügung. Diese Feststellung ermöglicht es den zuständigen Behörden der Länder, nach Maßgabe des § 79 Absatz 5 und 6 AMG im Einzelfall ein befristetes Abweichen von den Vorgaben des AMG zu gestatten.“ Zudem werde das BMG bekanntgeben, wenn der Versorgungsmangel nicht mehr vorliegt.
Liegt eine Allgemeinverfügung der zuständigen Behörde vor, besteht für die Apotheke die Möglichkeit eines Einzelimports nach § 73 AMG. Gibt die Apotheke einen Einzelimport ab, kann diese haftbar gemacht werden, denn die Gefährdungshaftung des Herstellers greift nicht. Die Apotheke muss also für die Qualität und Identität des Arzneimittels garantieren und Ärzt:in und Patient:in über die der Apotheke bekannten Risiken informieren. Außerdem müssen Einzelimporte dokumentiert werden. Festzuhalten sind die Bezeichnung des eingeführten Arzneimittels, Name sowie Anschrift des Herstellers sowie des Lieferanten, Chargenbezeichnung, Menge und Darreichungsform des Arzneimittels, Name und Anschrift des/der Patient:in sowie des verschreibenden Arztes/der Ärztin, Datum der Bestellung und Abgabe sowie das Namenszeichen des abgebenden oder beaufsichtigenden Apothekers/der Apothekerin.
Ein Einzelimport ist im Fall von Tamoxifen nur bei Vorlage einer ärztlichen Verschreibung möglich. Möglich ist die Lieferung zulasten der gesetzlichen Kassen und auch auf Vorlage eines Privatrezeptes.
Soll ein Einzelimport von der gesetzlichen Kasse übernommen werden, sollte vorab – am besten vor der Bestellung – eine Kostenübernahme eingeholt werden. Dazu heißt es im Arzneiversorgungsvertrag der Ersatzkassen: „Produkte gemäß § 73 Absatz 3 Arzneimittelgesetz (AMG) sind nur dann zulasten der jeweiligen Ersatzkasse abrechnungsfähig, wenn der Versicherte der Apotheke eine entsprechende Genehmigung der Ersatzkasse vorlegt. Dies gilt auch bei Vorliegen einer Verordnung über ein Präparat, welches auf dem deutschen Markt nicht mehr verfügbar ist, aber gemäß § 73 Absatz 1 AMG aus einem anderen EU-Mitgliedsstaat beschafft werden kann.“
Bei den Primärkassen sind die einzelnen Regionalverträge zu prüfen und zu beachten. Das Einholen einer Genehmigung ist zusätzlich empfehlenswert. Unter Umständen müssen mehrere Preisangebote eingeholt werden.
Achtung: Die Genehmigung ist eine Einzelfallentscheidung und kann einige Zeit dauern. Meist müssen drei Angebote verschiedener Importeure vorgelegt werden. Außerdem sollte die Lieferzeit berücksichtigt werden, die je nach Herkunftsland auch 14 Tage betragen kann.
Einzelimport: Wie wird abgerechnet?
Wird ein Einzelimport zulasten der Kasse abgerechnet, findet bei Rx-Präparaten die Sonder-PZN 09999117 Anwendung. Der Preis wird gemäß der Arzneimittelpreisverordnung berechnet – der Apothekeneinkaufspreis sollte auf dem Rezept angegeben werden.
Apothekeneinkaufspreis + 3 Prozent + 8,35 Euro + 0,21 Euro + 19 Prozent Mehrwertsteuer
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