Weil offenbar ein Wirkstoffhersteller die Produktion von Tamoxifen eingestellt hat, kommt es derzeit zu Engpässen beim selektiven Estrogenrezeptormodulator. Der Grund: Die Produktion ist nicht mehr wirtschaftlich.
Tamoxifen ist auf der Liste der versorgungsrelevanten Wirkstoffe des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zu finden. Auf die Liste schaffen es Arzneistoffe und Kombinationen, wenn sie verschreibungspflichtig und für die Gesamtbevölkerung relevant sind. Doch Tamoxifen ist auch auf der Liste der beim BfArM gemeldeten Lieferengpässe zu finden. Derzeit sind Lieferengpässe bei Tamoxifen 10 mg, 20 mg, 30 mg und 40 mg von Hexal sowie Tamoxifen Al zu 20 mg und 30 mg und Tamoxifen Heumann zu 20 mg gemeldet. Ein Ende der Lieferausfälle ist auf Sommer beziehungsweise Jahresende 2022 datiert.
Aristo hat Tamoxifen ebenfalls im Portfolio und hält einen Marktanteil im 10-prozentigen Bereich. Den Generikamarkt zu 100 Prozent zu bedienen und den Ausfall der anderen Hersteller abfangen, ist nicht möglich. Denn Hexal, Heumann und Aliud haben einen Marktanteil von etwa 85 Prozent.
Tamoxifen wird zur Behandlung von Brustkrebs im Rahmen einer adjuvanten Therapie sowie zur Palliativtherapie metastasierter Mammakarzinome eingesetzt. Der Wirkstoff kann das Rezidivrisiko senken und die Überlebenszeit verlängern. Tamoxifen hemmt kompetitiv die Bindung von Östrogenen an zytoplasmatische Hormonrezeptoren. Die Folge ist eine Abnahme der Zellteilung in östrogenabhängigen Geweben.
Tamoxifen nicht lieferbar: Was ist der Grund?
„Offenbar hat ein Wirkstoffhersteller die Produktion des Wirkstoffs eingestellt, da sich diese für ihn als nicht mehr wirtschaftlich darstellt. Generikaunternehmen müssen daher den Wirkstoffzulieferer wechseln. Das aber geht nicht von heute auf morgen“, teilt Aristo auf Nachfrage mit. Der daraus resultierende Lieferengpass habe dazu geführt, dass die Bestände der anderen Wirkstoffproduzenten „leergekauft“ wurden.
Über den Produktionsstopp hatte der Wirkstoffhersteller die Unternehmen informiert. „Die Ankündigung über die Produktionseinstellung des Herstellers liegt im Fall von Aristo Pharma schon einige Monate zurück“, teilt eine Sprecherin mit. „Preisangebote neuer Hersteller waren bis zu 60 Prozent höher. Daraufhin haben wir beschlossen, unsere Tenderverpflichtungen noch zu erfüllen und anschließend keine Vermarktung mehr anzustreben. Eine weitere Herstellung wäre für uns teurer als der zu erzielende Markt-/Tenderpreis. Dennoch beobachten wir den Markt und die Entwicklung sehr genau.“
„Der Fall Tamoxifen illustriert sehr deutlich, wo das strukturelle Problem bei unserer Grundversorgung liegt. So liegt der Preis, den die Arzneimittelhersteller von den Krankenkassen für eine 100er-Packung Tamoxifen erhalten, bei 8,80 Euro“, beklagt Bork Bretthauer, Geschäftsführer von Pro Generika. „Zu diesem Preis ist eine wirtschaftliche Produktion ohne Verluste kaum mehr möglich und eine resiliente Lieferkette schon gar nicht.“
Das könnte dich auch interessieren
Mehr aus dieser Kategorie
Strovac: Kein Nutzen bei wiederkehrenden Harnwegsinfekten?
Eine Blasenentzündung kommt selten allein. Genau sind viele Menschen mindestens einmal pro Jahr betroffen. Zur Behandlung und Vorbeugung wiederkehrender Harnwegsinfekte …
Antibiotika für Kinder: Besser nicht zu früh?
Dass Antibiotika mit Bedacht verordnet werden sollten – Stichwort Resistenzen –, ist bekannt. Das gilt besonders, wenn diese bei Kindern …
Erhöht Milch das Risiko für Herzkrankheiten?
Milch- und Milchprodukte haben bei vielen Menschen einen festen Platz auf dem Ernährungsplan. Doch zu viel davon kann gefährlich werden, …