In Berlin sollten PTA und Apotheker:innen im Handverkauf einmal mehr wachsam sein, wenn eine Verordnung über Tilidin comp. und Pregabalin vorgelegt wird, denn in der Hauptstadt sind in der vergangenen Woche gleich mehrere potentielle Fälschungen vorlegt worden.
Ob kopiert oder gedruckt – Rezeptfälschungen sind vom Original manchmal nur schwer zu unterscheiden und rutschen in der Hektik des Apothekenalltags manchmal durch. Das Problem: Wird eine Fälschung als solche im Nachgang erkannt, verliert die Apotheke den Vergütungsanspruch und bleibt auf den Kosten sitzen. Darum sollten PTA und Apotheker:innen genau hinschauen, vor allem dann, wenn Wirkstoffe verordnet sind, die ein hohes Sucht- und Missbrauchspotenzial haben – wie beispielsweise Tildin und Pregabalin. In der Hauptstadt wurden in der vergangenen Woche gleich mehrere potenzielle Fälschungen in Apotheken vorgelegt.
Und so sehen die potenziellen Fälschungen aus: Verordnet sind Lyrica zu 300 mg und 100 Stück sowie Tilidin comp. 200 mg/16 mg von 1A Pharma oder Al zu je 100 Retardtabletten. Beide Arzneimittel sind unter Angabe der PZN und der Dosierung verordnet. Als Kostenträger ist die AOK Nordost angegeben. Auffällig sind verschiedene Schriftarten und Formatierungen der Angaben im Verordnungsfeld. Als Status ist „5“ angegeben. Die Ziffer steht für Rentner:innen, was nicht zum angegebenen Geburtsdatum passt. Außerdem existieren die angegebenen Praxen nicht.
In einer Apotheke wurden an verschiedenen Tagen gleich mehrere manipulierte Rezepte vorgelegt. Ohne Erfolg, denn die Fälschungen fielen auf und die vermeintlichen Kund:innen verließen die Apotheke ohne Ware – und Rezept. Dabei fällt auf, dass Versichertennummer, Arztnummer und Betriebsstättennummer (BSNR) auf allen Rezepten identisch sind.
Was ist zu tun, wenn eine Rezeptfälschung erkannt wird? Anzeigen oder nicht? Eine Pflicht zur Erstattung einer Strafanzeige besteht grundsätzlich nicht, wie die Apothekerkammer Berlin mitteilt. Das bestätigt auch die Landesapothekerkammer Baden-Württemberg: „§ 17 Abs. 8 ApBetrO fordert nicht die Einbindung Dritter, also auch nicht der Polizei.“
Müssen also nicht, aber dürfen Apotheker:innen überhaupt Anzeige erstatten, schließlich unterliegen sie der Schweigepflicht. „Diese umfasst alle im Zusammenhang mit der Berufsausübung als Apotheker erlangten Umstände und Kenntnisse und damit auch solche, die im Zusammenhang mit einer Straftat bekannt geworden sind. Auch gefälschte oder manipulierte Daten unterliegen der Schweigepflicht. Der Verdacht einer strafrechtlichen Handlung führt nicht zum Wegfall derselben“, informiert die Apothekerkammer Berlin.
Verstoßen Apotheker:innen gegen die Schweigepflicht, werden sie selbst zum/zur Täter:in. Ob Apotheker:innen eine Fälschung zur Anzeige bringen, sollte laut Kammer gut abgewogen werden. „Wurde das Arzneimittel nicht abgegeben, darf der Apotheker potenzielle Rezeptbetrüger nicht melden.“
Anders sieht es aus, wenn das Rezept beliefert wurde und beipsielsweise der Apotheke ein Schaden entstanden ist. Dies ist der Fall, wenn ein gefälschtes Kassenrezept retaxiert wurde. Es können aber auch Dritte geschädigt werden, nämlich dann, wenn mit den mittels Fälschung beschafften Arzneimitteln gedealt wird. Ist dies der Fall, könne dies dazu führen, dass das Persönlichkeitsrecht der „Kund:innen“ an der Geheimhaltung der Daten als nachrangig gegenüber den anderen schützenswerten Gütern (Leib, Leben und Gesundheit Dritter) betrachtet werden. „In diesen Fällen kann ein Bruch der Schweigepflicht gerechtfertigt sein“, so die Kammer und rät im Falle einer Anzeige, das Vorgehen mit dem/der betroffenen Ärzt:in abzustimmen.
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