Eine Chemnitzer Apotheke steht unter Verdacht, Krebsmedikamente (Zytostatika) in ungenügender Qualität hergestellt und an Ärzt:innen für deren Patient:innen ausgeliefert zu haben. Wie die Landesdirektion Sachsen (LDS) am Freitag in Dresden mitteilte, laufen bei der Staatsanwaltschaft Chemnitz bereits Ermittlungen.
Es gehe um die Herstellung von Medikamenten minderer Qualität. Es komme nun sehr darauf an, ob und wie die betreffende Person an der Aufklärung mitwirke, hieß es. Die Landesdirektion sprach von einem vorläufigen Ergebnis. Bisher sei nicht einmal die Hälfte der Proben untersucht. Sie hätten ein merkwürdiges Bild ergeben. Es habe sowohl Über- als auch Unterdosierungen und korrekte Dosierungen gegeben.
Laut LDS kam der Hinweis auf Unregelmäßigkeiten aus der betroffenen Apotheke selbst. Am 6. Oktober sei die Einrichtung durchsucht worden. Man habe der Apotheke die Herstellung von Zytostatika untersagt, sie sei aber noch geöffnet. Insgesamt hätten neun Ärztinnen und Ärzte aus dem Raum Chemnitz die Medikamente verabreicht. Sie seien inzwischen von der Landesdirektion informiert worden. Wie viele Patient:innen betroffen sind, ist bislang unklar. Die Zytostatika seien individuell für die Patient:innen hergestellt worden und hätten aufgrund ihrer Mängel nicht die erforderliche Wirksamkeit entfalten können, hieß es weiter. Die LDS wollte nicht ausschließen, dass die Apotheke bereits früher Zytostatika von minderer Qualität in Umlauf brachte. Eine Prüfung im August habe jedoch keine Mängel ergeben.
Zytostatika sind natürliche oder synthetische Substanzen, die das Zellwachstum hemmen sollen. Nach Angaben der LDS gibt es in Sachsen 35 Apotheken, die solche Medikamente herstellen. Die Landesdirektion ist gesetzlich zuständig für die Kontrolle der Apotheken im Freistaat und überwacht auch Pharmahersteller. Insgesamt gibt es rund 1.000 Apotheken im Freistaat. Jedes Jahr würden 260 bis 300 Kontrollenvorgenommen, teilte die Behörde mit. Dabei kämen hauptamtliche und ehrenamtliche Sachverständige zum Einsatz, die selbst Apotheker sind. „Jeder Apotheker muss zu jeder Zeit damit rechnen, dass eine Überwachung stattfindet“, sagte LDS-Präsidentin Regina Kraushaar.
Im Vorjahr war ein Urteil in einem Medizinskandal um massenhaft gepanschte Krebsmedikamente rechtskräftig geworden. 2018 hatte das Landgericht Essen einen damals 48 Jahre alten Apotheker aus Bottrop zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Die Richter stellten fest, dass der Mann Infusionslösungen gestreckt, bei den Krankenkassen aber voll abgerechnet hatte.
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