Weniger ist mehr – das ist das Motto für verschiedene Lebenslagen. Und das gilt auch für die Einnahme von Antibiotika. Andernfalls drohen Konsequenzen. Dazu gehört offenbar ein erhöhtes Darmkrebsrisiko durch Antibiotika.
Die gute Nachricht vorweg: Hierzulande ist die Zahl der Antibiotika-Verordnungen zuletzt gesunken, vor allem durch den Corona-Lockdown. Dennoch spielen die Arzneimittel weiterhin eine wichtige Rolle bei der Behandlung von Erkrankungen. Das hat jedoch nicht nur Vorteile. So kann ein übermäßiger Einsatz unter anderem zur Ausbildung von Resistenzen führen. Mehr noch: Auch das Darmkrebsrisiko steigt durch die Einnahme von Antibiotika offenbar. Das ist das Ergebnis einer schwedischen Studie.
Dafür untersuchten Forscher:innen der Universität Umeå Daten von fast 250.000 Personen – rund 40.000 davon waren Darmkrebspatient:innen, etwa 200.000 galten als gesund. Ein Teil der Proband:innen hatte über eine bestimmte Zeitspanne Antibiotika eingenommen, der andere Teil dagegen nicht. Dabei ließ sich laut den Wissenschaftler:innen ein Zusammenhang zwischen einem häufigen Antibiotikaeinsatz und einer späteren Darmkrebserkrankung feststellen. Demnach steigerte eine rund sechsmonatige Antibiotikaeinnahme das Risiko für eine Erkrankung an Dickdarmkrebs, und zwar um bis zu 17 Prozent und schon fünf bis zehn Jahre nach der Einnahme.
Woran das liegt? Die Wissenschaftler:innen liefern eine mögliche Antwort: Antibiotika verändern das Darmmikrobiom und greifen die Darmflora an. Das wiederum führt zu Entzündungen und weiteren Erkrankungen – wie einem gesteigerten Darmkrebsrisiko durch Antibiotika. Dies konnte anhand von Vergleichsuntersuchungen mit dem Medikament Methenamin, das unter anderem bei Harnwegsinfekten zum Einsatz kommt, bestätigt werden. Denn dieses beeinträchtigte das Darmmikrobiom nicht und verursachte somit auch kein erhöhtes Krebsrisiko.
Ein anderes Bild zeigte sich dagegen beim Auftreten von Rektumkarzinomen. Hier hatten Personen – vor allem Frauen –, die zuvor Antibiotika eingenommen hatten, kein erhöhtes oder sogar ein geringeres Risiko.
Hinzu kommen Unterschiede je nach Wirkstoff: Wie die Forscher:innen herausstellen, ist die Gefahr durch Wirkstoffklassen wie Chinolone, Sulfonamide sowie Trimethoprim besonders groß. Bei ihnen besteht ein erhöhtes Risiko für Dickdarmkrebs.
Die gute Nachricht lautet jedoch: Zwar erhöhen Antibiotika offenbar das Darmkrebsrisiko, allerdings bewegt sich dieses trotzdem in einem moderaten Bereich. Nach einer Einnahme bestünde folglich nicht automatisch ein Grund zur Sorge, erklären die Forscher:innen. Dennoch haben sie eine wichtige Botschaft: „Die Ergebnisse unterstreichen die Tatsache, dass es viele Gründe gibt, mit Antibiotika restriktiv umzugehen“, warnt Studienautorin und Krebsforscherin Sophia Harlid. Während die Medikamente in einigen Fällen unverzichtbar seien, um Leben zu retten, sollten insbesondere bei weniger schweren Erkrankungen zunächst andere Wege ausprobiert werden, auch um mögliche Resistenzen zu verhindern.
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