Nichtinvasiver Pränataltest (NIPT) auf Trisomien: Voraussichtlich ab Frühjahr 2022 soll der Bluttest auf Trisomien in begründeten Einzelfällen zur Kassenleistung werden. Das sorgte für Wirbel. Wir frischen dein Wissen über den NIPT auf.
Der NIPT auf Trisomien ist ein Bluttest zur Ermittlung des Risikos einer fetalen Trisomie 13, 18 oder 21. Der Test ist bereits seit 2012 auf dem Markt und muss bislang aus eigener Tasche gezahlt werden. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat vor einigen Tagen die Versicherteninformation zum vorgeburtlichen Bluttest auf Trisomien beschlossen.
„Der G-BA hat es sich zu keinem Zeitpunkt leicht gemacht“, sagt Professor Josef Hecken, Vorsitzender des G-BA. „Uns ist bewusst, dass die Entscheidung nicht in allen gesellschaftlichen Gruppen auf ungeteilte Zustimmung stoßen wird. Zur Realität gehört aber auch, dass dieser Bluttest seit 2012 zugelassen ist, bisher auf eigene Kosten genutzt wurde und gegenüber den seit den 70er Jahren zum Leistungskatalog der Krankenkassen gehörenden invasiven Untersuchungen keine Fehlgeburten auslösen kann.“
Good to know: Trisomien
Bei Trisomien sind bestimmte Chromosomen in den Zellen des Kindes dreifach statt zweifach vorhanden. Drei Trisomien können im Mutterleib erkannt werden:
- Trisomie 21 (Down-Syndrom): Die Kinder haben häufig schräg gestellte Augen und ein rundes Gesicht und sind in ihrer motorischen Entwicklung verzögert. Nur wenige Betroffene sind hochgradig geistig behindert. Trisomie 21 ist die am häufigsten auftretende Form. Trisomien sind zwar selten, jedoch steigt das Risiko mit zunehmendem Alter der Mutter. Die Versicherteninformation des G-BA liefert ein Beispiel: Etwa 17 von 10.000 Schwangeren im Alter zwischen 30 und 34 Jahren erwarten ein Kind mit einem Down-Syndrom.
- Trisomie 18 (Edwards-Syndrom): Die Kinder können Fehlbildungen an Kopf, Körper und den inneren Organen haben. Fast alle Kinder haben einen schweren Herzfehler und sind geistig stark behindert. Die meisten Kinder sterben noch im Mutterleib oder in den ersten Tagen nach der Geburt.
- Trisomie 13 (Pätau-Syndrom): Die Kinder haben verschiedene, fast immer schwere körperliche Fehlbildungen – meist Veränderungen des Herzens und des Gehirns sowie eine Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte. Hinzu kommt eine starke geistige Behinderung, schreibt der G-BA in den Versicherteninformationen.
Welche vorgeburtlichen Untersuchungen zu den Kassenleistungen zählen, ist in den Mutterschafts-Richtlinien des G-BA geregelt. Hierbei handelt es sich zum größten Teil um Standard- und Routineuntersuchungen wie beispielsweise der Test auf eine HIV-Infektion, Blutdruckmessungen und Gewichtskontrollen, der Test auf Schwangerschaftsdiabetes, die Kontrolle des Gebärmutterstandes sowie der kindlichen Herztätigkeit und die Feststellung der Lage des Kindes. Die Untersuchungen sind allerdings freiwillig – Schwangere müssen das Leistungsangebot also nicht wahrnehmen. Ärzt:innen sind jedoch verpflichtet, werdende Mütter über die Ziele, die Aussagekraft und die möglichen Folgen einer Untersuchung aufzuklären und zu beraten. Außerdem müssen die Mediziner:innen auf den Anspruch einer genetischen und psychosozialen Beratung hinweisen.
Der NIPT gehört jedoch nicht zu den allgemein empfohlenen Vorsorgeuntersuchungen und wird nur dann von den Kassen bezahlt, wenn Ärzt:in und Schwangere gemeinsam entschieden haben, dass der Test sinnvoll ist.
Was ist der NIPT auf Trisomien und wie funktioniert der Bluttest?
Der NIPT auf Trisomien ist ein Bluttest, der ab der zehnten Schwangerschaftswoche durchgeführt werden kann. Beim Test auf Trisomien wird die im Blut der werdenden Mutter vorhandene zellfreie fetale DNA molekulargenetisch analysiert. Dazu wird Blut aus der Armvene der Schwangeren abgenommen und dieses im Labor untersucht. Ist das Ergebnis positiv, wird eine Fruchtwasseruntersuchung zur Absicherung empfohlen.
In welchen Fällen werden die Kosten übernommen?
Der NIPT auf Trisomien wird voraussichtlich ab Frühjahr 2022 Kassenleistung sein, aber dennoch nicht zu den Routineuntersuchungen gehören. Die Kassen übernehmen die Kosten, wenn:
- sich aus anderen Untersuchungen ein Hinweis auf eine Trisomie ergeben hat oder
- wenn Schwangere und Ärzt:in gemeinsam der Überzeugung sind, dass der Test in der persönlichen Situation der werdenden Mutter notwendig ist.
Wie zuverlässig ist der Test?
Der Test ist laut G-BA grundsätzlich zwar genau, aber dennoch ist keine sichere Diagnosestellung möglich. Zwei Fehler sind möglich:
- Eine Trisomie wird übersehen – beim Down-Syndrom passiert das bei weniger als 1 von 10.000 Untersuchungen.
- Der NIPT ist auffällig – es liegt aber ein falscher Verdachtsbefund des Bluttests vor – das Kind im Mutterleib hat keine Trisomie. Dazu kommt es beim Down-Syndrom in etwa 5 von 10.000 Untersuchungen. Bei Trisomie 13 und 18 sind solche Fehler häufiger als beim Down-Syndrom, heißt es in der Versicherteninformation.
„Aufgrund seiner hohen Aussagesicherheit beschränkt die Verwendung eines NIPT die Notwendigkeit einer invasiven Untersuchung für die genannten Trisomien auf die wenigen Situationen, in denen ein auffälliges Testergebnis weiter abgeklärt werden muss.“
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