Lange Zeit galten orale Kontrazeptiva als DAS Verhütungsmittel schlechthin. In den letzten Jahren folgte jedoch der Einbruch und das Kondom holte auf. Inzwischen feiert die Pille ein Comeback, wie Zahlen der AOK zeigen – aus einem einfachen Grund.
Hormonelle Kontrazeptiva wie die Pille haben zuletzt an Beliebtheit eingebüßt, vor allem aufgrund ihrer möglichen Nebenwirkungen. Stattdessen stehen alternative, hormonfreie Verhütungsmethoden wie Diaphragma oder Portiokappe hoch im Kurs. So wundert es nicht, dass der Anteil an Pillen-Verordnungen nach einem Höchststand von 46 Prozent in den letzten Jahren kontinuierlich gesunken ist. Das geht aus einer Auswertung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) hervor. Doch damit ist nun offenbar Schluss.
Nach zehn Jahren Durststrecke hat die Pille wieder „zugelegt“. Demnach lag der Anteil entsprechender Verordnungen für gesetzlich versicherte Frauen und Mädchen 2020 bei 35 Prozent – ein Anstieg um drei Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr. Warum? Für das Comeback der Pille haben die AOK-Expert:innen eine einfache Erklärung: eine Anpassung der Altersgrenze. „Die Ursache für diesen Anstieg ist allein darauf zurückzuführen, dass die Altersgrenze für die Erstattung von empfängnisverhütenden Medikamenten im Jahr 2019 von 20 auf 22 Jahre angehoben wurde“, erklärt Dr. Eike Eymers, Ärztin im Stab Medizin des AOK-Bundesverbandes.
Das Besondere am Comeback der Pille: Mehr als jede zweite Verordnung für ein hormonelles Kontrazeptivum entfällt auf ein Präparat mit einem höheren Risiko für Thrombosen und/oder Embolien. Zwar hat sich dieser Anteil in den letzten zehn Jahren um knapp 20 Prozentpunkte verringert, ist den Expert:innen zufolge jedoch weiterhin besorgniserregend hoch. „Nach wie vor erhalten mehr als die Hälfte der Mädchen und jungen Frauen Wirkstoffe mit einem erhöhten oder unklaren Risiko für die Bildung von venösen Thromboembolien. Dabei gibt es Alternativen, deren niedrigeres Risiko durch Langzeitstudien bekannt ist und die Ärztinnen und Ärzte gerade bei der Erstverordnung der Pille zurückgreifen sollten“, so Eymers.
Stattdessen fordert sie, vor allem bei Risikopatient:innen künftig auf Präparate mit Wirkstoffen wie Levonorgestrel zu setzen. Unterstützung kommt vom Paul-Ehrlich-Institut und dem Bundesinstitut für Arzneimittelsicherheit, die in ihrem jüngsten „Bulletin zur Arzneimittelsicherheit“ sowohl Mediziner:innen bei der Beratung und Verschreibung als auch Anwender:innen der Pille dazu aufrufen, auf Präparate mit möglichst geringem Gesundheitsrisiko zu setzen.
Übrigens: Welche Pille besonders geeignet ist und wann Vorsicht vor einem erhöhten Thromboserisiko geboten ist, haben die Expert:innen von Stiftung Warentest im Frühjahr geprüft. Achtung Spoiler: Auch im Test haben risikoärmere Verhütungspräparate mit einem geringen Estrogenanteil und den Gestagenen Levonorgestrel, Norethisteron oder Norgestimat die Nase vorn.
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